Ideale Spule im Wechselstromkreis.


Überblick über diese Seite:


1.) Experiment.

Versuchsaufbau: Spule im Wechselstromkreis

Eine Spule L wird an eine Wechselspannungsquelle angeschlossen. In der Zuleitung liegt noch ein (kleiner) Widerstand. Die Spannung an seinen Anschlüssen ist der Stromstärke in der Zuleitung proportional. Wir oszilloskopieren die Spannung der Quelle und die Stromstärke in der Zuleitung.

Die Kabelfarben im Photo entsprechen denen im Schaltbild. Die Eigeninduktivität der Spule ist xxxx. Die Frequenz beträgt etwa 600 Hz.

Hier ist das Schaltbild des Experimentaufbaus.

Als Quelle dient ein Funktionsgenerator oder eine Wechselspannungsquelle (50 Hz).

Der Messwiderstand R (links vorn im Bild) ist 10 Ohm oder weniger.

Schaltbild des Versuchsaufbaus

Das zeigt das Oszilloskop:

Oszilloskopbild: oben Spannung, unten Stromstärke In diesem Photo der Oszilloskop-Darstellung ist oben die Spannung und unten die Stromstärke in der Zuleitung (Spannung am Messwiderstand) dargestellt.

Oben: Spannung - sinusförmig
Unten: Stromstärke - minus cosinusförmig.
Spannung und Stromstärke ineinandergeschoben Hier sind beide Kurven ineinander verschoben. Man sieht, dass Stromstärke und Spannung nicht gleichzeitig ihren Scheitelwert erreichen. Man sagt, die Kurven haben einen Phasenunterschied.

Die Spannung hat einen sinusförmigen Verlauf. (Kurvenverlauf mit der größeren Amplitude)
Die Stromstärke(das ist der Kurvenverlauf mit der kleineren Amplitude) beginnt ganz links im Oszilloskopbild mit dem negativen Maximalwert. Ihr Verlauf ist also minus cosinusförmig.

2.) Theorie: Spule an einer Wechselspannungsquelle

Die wirksame Gesamtspannung Uges(t) ist die Summe aus der angelegten Wechselspannung Uq(t) und der in der Spule induzierten Spannung Uind(t).

Also gilt:

Gesamtspannung=Spannung Quelle + Induktionsspannung

Damit ergibt sich für die Stromstärke

Stromstärke=Uges / Rsp

Dabei ist Rsp der Widerstand des Spulendrahtes. Die Induktion in der Spule wurde schon bei Uind(t) berücksichtigt.

Nach Multiplikation mit dem Spulenwiderstand Rsp folgt dann weiter:

Multiplikation mit Rsp

Zur Vereinfachung betrachten wir hier eine ideale Spule, eine Spule deren Spulendraht als widerstandsfrei angesehen wird.
Das bedeutet, dass Rsp dann 0 ist und somit die linke Seite der Gleichung 0 wird.

Es ergibt sich also dann:

Vereinfachung für ideale Spule

Uns interessiert aber nicht die Änderung der Stromstärke in ihrem zeitlichen Verlauf, sondern die Stromstärke selbst. Wir müssen daher integrieren.
Die sinusförmige Spannung der Quelle wird eingesetzt.

Stromstärke: Integral der Funktion

Nun müssen wir, um das Integral lösen zu können, die Stammfunktion finden.

Die letzte Zeile in der Tabelle rechts entstand aus der vorletzen Zeile durch Multiplikation mit -1.

Von links nach rechts gelesen findet man in der Tabelle die Ableitung der jeweiligen Funktion (z.B. 1. ergibt sin(a) abgeleitet cos(a) [ 1. Zeile ]).

Umgekehrt findet man dann die Stammfunktion, wenn man die Tabelle von rechts nach links liest (die Stammfunktion zu cos(a) ist also sin(a) - vgl. erste Zeile.

Die gesuchte Stammfunktion zu sin(a) ist also -cos(a)
f(x) f ´(x)
sin (a) cos(a)
cos (a) -sin(a)
-cos(a) sin(a)

Stromstärkeformel endgültig

Zwei Dinge müssen noch ergänzt werden:

  • der Faktor 1/w ist nötig, weil das Argument selbst zeitabhängig ist.
  • die Integrationskonstante entfällt wegen der Anfangsbedingung, dass U(0 s) = 0 sein soll.
    Für t = 0 s wird aber cos(w*t) = 1, d.h. die Stromstärke beginnt mit dem Maximalwert.

3.) Folgerungen aus der Herleitung.

Für die Stromstärke gilt also:Stomstärke

  • Hat die Spannung einen sinusförmigenVerlauf, so ist der Verlauf der Stromstärke minus cosinusförmig .

  • Der Scheitelwert der Stromstärke (umrahmter Ausdruck) hängt von verschiedenen Faktoren ab:

    • Je größer der Scheitelwert der Spannung (Û), desto größer der Scheitelwert der Stromstärke (Î).
      (vgl. Widerstand)

    • Je größer die Eigeninduktivität L , desto kleiner der Scheitelwert der Stromstärke.

    • Der Scheitelwert der Stromstärke hängt auch von der Frequenz f ab!

      (je größer die Frequenz, desto kleiner der Scheitelwert der Stromstärke.
      Beim ohm'schen Widerstand gibt es so eine Abhängigkeit nicht!)

4.) Der Wechselstromwiderstand der idealen Spule.

Lässt man die Phasenlage von Spannung und Stromstärke außer Betracht und konzentriert sich nur auf die Scheitelwerte, so fällt ein ähnlicher Zusammenhang wie beim ohm'schen Gesetz auf:

Je größer die Spannung, desto größer die Stromstärke.
Der Quotient aus Spannung und Stromstärke ist also konstant.

Man definiert daher parallel zur Gleichung R = U/I den sogenannten Wechselstromwiderstand XL einer idealen Spule:

Formel Wechselstromwiderstand einer idealen Spule

Im Gegensatz zum ohm'schen Widerstand ist der Wechselstromwiderstand frequenzabhängig!

Erinnerung: w = 2*p*f

Merktipp:

Wechselstromwiderstände enthalten immer das Produkt aus w und der Kenngröße des Bauelements - also hier der Eigeninduktivität L.

Wenn du dir unsicher bis, ob dieses Produkt im Zähler oder Nenner steht, überlege Dir, was das Bauelement im Gleichstromkreis machen würde.
Das ist der Grenzfall für w bzw. Frequenz f gegen 0:

Bei Gleichspannung erfolgt Induktion in der Spule nur beim ersten Einschalten.
Ist danach das Magnetfeld der Spule einmal aufgebaut, ändert es sich nicht mehr. Es gibt also keine Änderung des magnetischen Flusses und daher auch keine Induktionsspannung.
Daher muss der Wechselstromwiderstand für f = 0 Hz gegen 0 gehen, also muss w * L im Zähler stehen.

Für Gleichspannung verhält sich eine Spule (abgesehen vom ersten Einschaltvorgang) wie der ohm'sche Widerstand des Spulendrahtes.


5.) Das Zeigerdiagramm.

Ein praktisches Hilfsmittel um sich klar zu machen, wie die Sinus- und Cosinuskurven bei Stromstärke und Spannung zustande kommen, ist das sogenannte Zeigerdiagramm.

Dabei rotiert ein System aus Zeigern gegen den Uhrzeigersinn. Die y-Komponente der jeweiligen Zeigervektoren gibt dann den Momentanwert an.

Zeigerdiagramm t=0s

Zeitpunkt t = 0 s.

Ist die Spannung U(t) sinusförmig, dann ist zur Zeit t = 0 s die Spannung U(t) = 0 V.
Der Spannungszeiger deutet horizontal.

Die Stromstärke hat dann einen minus cosinusförmigen Verlauf, d.h. zur Zeit t = 0 s hat die Stromstärke den negativen Maximalwert.
Der Zeiger für die Stromstärke weist nach unten.

Er ist also dem Spannungszeiger um 90 Grad in der Phase hinterher. (Dies gilt nicht sofort.)

Zeigerdiagramm

Zu einem späteren Zeitpunkt.

Man erhält den Momentanwert der beiden Größen zu jedem Zeitpunkt, indem man die vertikale Komponente betrachtet.
So entspricht z.B. die Senkrechte rechts im blau eingefärbten Dreieck genau dem Momentanwert der Spannung.

6.) Ein Java-Applet hilft bei der Anschauung - Zeigerdiagramm bei der idealen Spule.

Hinweis, falls das Applet im Unterricht zur Demonstration benutzt werden soll:
Klickt man mit der rechten Maustaste in das Diagramm, wird es in ein kleines neues Browserfenster kopiert, das man anschließend vergrößern kann.

Arbeite die Punkte in "Aufgaben / Fragen" der Reihenfolge nach durch, sie helfen beim Verständnis der Darstellung.



y-Komponenten zeigen:
ja : nein :

Induktivität :   mH
Frequenz :   Hz



Vergleiche mit dem Oszilloskopbild oben auf dieser Seite!


Aufgaben / Fragen:

1) Phasenlage der Spannungs- und Stromstärkekurve.

Die dünnen vertikalen Linen entsprechen dem Momentanwert der Spannung (rot)und der Stromstärke (grün).
Sie werden rechts im Diagramm in zeitlichen Abfolge aufgetragen.

a) Belasse die voreingestellten Werte und klicke "Schritt >>" mehrmals bis die Zeiger wieder in der Ausgangsstellung stehen.

  • Welchen Wert hat die Stromstärke, wenn die Spannung maximal ist?
  • Welchen Wert hat die Spannung, wenn die Stromstärke maximal ist?
  • Wie müssen also die beiden Vektorzeiger zueinander stehen, um dies richtig darzustellen?

b) Belasse die voreingestellten Werte, klicke aber auf die Option "y-Komponenten zeigen - nein" und klicke "Reset".
Klicke nun "Rotieren".
Beachte, wie sich die die Stromstärke und Spannungskurven aufbauen.

  • Welche Kurve erreicht ihren Scheitelwert zeitlich früher (weiter "links") die Spannungskurve oder die Stromstärkekurve?
  • Was ist hier anders als beim Kondensator im Wechselstromkreis?
    (vgl. hierzu diese Seite)

2.) Scheitelwert der Stromstärke und Wechselstromwiderstand.

Erinnerung: Stromstärkegleichungund Formel Wechselstromwiderstand

c) Verkleinere / vergrößere die Eigeninduktivität durch Auswahl im Auswahlfeld "Induktivität". Klicke zunächst wieder "Reset" und dann "Rotieren".

  • Wie verändert sich der Scheitelwert der Stromstärke dabei (Länge des grünen Zeigers)?
  • Wie ändert sich also der Wechselstromwiderstand der Spule?
  • Was passiert, wenn man als Eigeninduktivität von 0,5 mH und eine Frequenz von 25 Hz nimmt?

d) Lasse nun die Eigeninduktivität fest bei 1 mH. Wähle die verschiedenen möglichen Frequenzen.

  • Wie ändert sich dabei die Rotationsgeschwindigkeit der Zeiger?
  • Wie ändert sich der Scheitelwert der Stromstärke?
  • Wie ändert sich der Wechselstromwiderstand?

Beachte den Unterschied zum Kondensator im Wechselstromkreis.

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