Ideale Spule im Wechselstromkreis.
Überblick über diese Seite:
- 1) Experiment
- 2) Theorie der Spule im Wechselstromkreis.
- 3) Folgerungen aus der Herleitung
- 4) Wechselstromwiderstand der Spule
- 5) Das Zeigerdiagramm
- 6) Java-Applet zum Zeigerdiagramm mit Aufgaben.
1.) Experiment.
Eine Spule L wird an eine Wechselspannungsquelle angeschlossen. In der Zuleitung liegt noch ein (kleiner) Widerstand. Die Spannung an seinen Anschlüssen ist der Stromstärke in der Zuleitung proportional. Wir oszilloskopieren die Spannung der Quelle und die Stromstärke in der Zuleitung. Die Kabelfarben im Photo entsprechen denen im Schaltbild. Die Eigeninduktivität der Spule ist xxxx. Die Frequenz beträgt etwa 600 Hz. |
Hier ist das Schaltbild des Experimentaufbaus. Als Quelle dient ein Funktionsgenerator oder eine Wechselspannungsquelle (50 Hz). Der Messwiderstand R (links vorn im Bild) ist 10 Ohm oder weniger. |
Das zeigt das Oszilloskop:
In diesem Photo der Oszilloskop-Darstellung ist oben die Spannung und unten
die Stromstärke in der Zuleitung (Spannung am Messwiderstand) dargestellt.
Oben: Spannung - sinusförmig Unten: Stromstärke - minus cosinusförmig. |
|
Hier sind beide Kurven ineinander verschoben. Man sieht, dass
Stromstärke und Spannung nicht gleichzeitig ihren Scheitelwert erreichen.
Man sagt, die Kurven haben einen Phasenunterschied. Die Spannung hat einen sinusförmigen Verlauf. (Kurvenverlauf mit der größeren Amplitude) Die Stromstärke(das ist der Kurvenverlauf mit der kleineren Amplitude) beginnt ganz links im Oszilloskopbild mit dem negativen Maximalwert. Ihr Verlauf ist also minus cosinusförmig. |
2.) Theorie: Spule an einer Wechselspannungsquelle
Die wirksame Gesamtspannung Uges(t) ist die Summe aus der
angelegten Wechselspannung Uq(t) und
der in der Spule induzierten Spannung
Uind(t).
Also gilt:
Damit ergibt sich für die Stromstärke
Dabei ist Rsp der Widerstand des Spulendrahtes. Die Induktion in der Spule wurde schon bei Uind(t) berücksichtigt.
Nach Multiplikation mit dem Spulenwiderstand Rsp folgt dann weiter:
Zur Vereinfachung betrachten wir hier eine ideale Spule,
eine Spule deren Spulendraht als widerstandsfrei angesehen
wird.
Das bedeutet, dass Rsp dann 0 ist und somit die linke Seite der
Gleichung 0 wird.
Es ergibt sich also dann:
Uns interessiert aber nicht die Änderung der Stromstärke
in ihrem zeitlichen Verlauf, sondern die Stromstärke selbst. Wir
müssen daher integrieren.
Die sinusförmige Spannung der Quelle wird
eingesetzt.
Nun müssen wir, um das Integral lösen zu können, die Stammfunktion finden.
Die letzte Zeile in der Tabelle rechts entstand aus der vorletzen Zeile
durch Multiplikation mit -1. Von links nach rechts gelesen findet man in der Tabelle die Ableitung der jeweiligen Funktion (z.B. 1. ergibt sin(a) abgeleitet cos(a) [ 1. Zeile ]). Umgekehrt findet man dann die Stammfunktion, wenn man die Tabelle von rechts nach links liest (die Stammfunktion zu cos(a) ist also sin(a) - vgl. erste Zeile. Die gesuchte Stammfunktion zu sin(a) ist also -cos(a) |
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Zwei Dinge müssen noch ergänzt werden:
- der Faktor 1/w ist nötig, weil das Argument selbst zeitabhängig ist.
- die Integrationskonstante entfällt wegen der Anfangsbedingung, dass
U(0 s) = 0 sein soll.
Für t = 0 s wird aber cos(w*t) = 1, d.h. die Stromstärke beginnt mit dem Maximalwert.
3.) Folgerungen aus der Herleitung.
Für die Stromstärke gilt also:
- Hat die Spannung einen
sinusförmigenVerlauf, so ist der Verlauf der
Stromstärke
minus cosinusförmig .
- Der Scheitelwert der Stromstärke (umrahmter Ausdruck) hängt von
verschiedenen Faktoren ab:
- Je größer der Scheitelwert der
Spannung (Û), desto
größer der Scheitelwert der Stromstärke
(Î).
(vgl. Widerstand)
- Je größer die Eigeninduktivität L ,
desto kleiner der Scheitelwert der
Stromstärke.
- Der Scheitelwert der Stromstärke hängt auch von der
Frequenz f ab!
(je größer die Frequenz, desto kleiner der Scheitelwert der Stromstärke.
Beim ohm'schen Widerstand gibt es so eine Abhängigkeit nicht!)
- Je größer der Scheitelwert der
Spannung (Û), desto
größer der Scheitelwert der Stromstärke
(Î).
4.) Der Wechselstromwiderstand der idealen Spule.
Lässt man die Phasenlage von Spannung und Stromstärke außer
Betracht und konzentriert sich nur auf die Scheitelwerte, so fällt ein
ähnlicher Zusammenhang wie beim ohm'schen Gesetz auf:
Je größer die Spannung, desto größer die
Stromstärke.
Der Quotient aus Spannung und Stromstärke ist also konstant.
Man definiert daher parallel zur Gleichung R = U/I den sogenannten Wechselstromwiderstand XL einer idealen Spule:
Im Gegensatz zum ohm'schen Widerstand ist der
Wechselstromwiderstand frequenzabhängig! |
Merktipp: Wenn du dir unsicher bis, ob dieses Produkt im Zähler oder Nenner
steht, überlege Dir, was das Bauelement im Gleichstromkreis machen
würde. |
5.) Das Zeigerdiagramm.
Ein praktisches Hilfsmittel um sich klar zu machen, wie die Sinus- und Cosinuskurven bei Stromstärke und Spannung zustande kommen, ist das sogenannte Zeigerdiagramm.
Dabei rotiert ein System aus Zeigern gegen den Uhrzeigersinn. Die y-Komponente der jeweiligen Zeigervektoren gibt dann den Momentanwert an.
Zeitpunkt t = 0 s. Ist die Spannung U(t) sinusförmig, dann ist zur Zeit t = 0 s
die Spannung U(t) = 0 V. |
Zu einem späteren Zeitpunkt. Man erhält den Momentanwert der beiden Größen zu jedem Zeitpunkt, indem man die vertikale Komponente betrachtet.So entspricht z.B. die Senkrechte rechts im blau eingefärbten Dreieck genau dem Momentanwert der Spannung. |
6.) Ein Java-Applet hilft bei der Anschauung - Zeigerdiagramm bei der idealen Spule.
Hinweis, falls das Applet im Unterricht zur Demonstration benutzt werden
soll: Klickt man mit der rechten Maustaste in das Diagramm, wird es in ein kleines neues Browserfenster kopiert, das man anschließend vergrößern kann. |
Arbeite die Punkte in "Aufgaben / Fragen" der Reihenfolge nach durch, sie helfen beim Verständnis der Darstellung.
Aufgaben / Fragen:
1) Phasenlage der Spannungs- und Stromstärkekurve.
Die dünnen vertikalen Linen entsprechen dem Momentanwert
der Spannung (rot)und der Stromstärke (grün).
Sie werden rechts im Diagramm in zeitlichen Abfolge aufgetragen.
a) Belasse die voreingestellten Werte und klicke "Schritt
>>" mehrmals bis die Zeiger wieder in der Ausgangsstellung
stehen.
- Welchen Wert hat die Stromstärke, wenn die Spannung maximal ist?
- Welchen Wert hat die Spannung, wenn die Stromstärke maximal ist?
- Wie müssen also die beiden Vektorzeiger zueinander stehen, um dies richtig darzustellen?
b) Belasse die voreingestellten Werte, klicke aber auf die Option
"y-Komponenten zeigen - nein" und klicke "Reset".
Klicke nun "Rotieren".
Beachte, wie sich die die Stromstärke und Spannungskurven aufbauen.
- Welche Kurve erreicht ihren Scheitelwert zeitlich früher (weiter "links") die Spannungskurve oder die Stromstärkekurve?
- Was ist hier anders als beim Kondensator im Wechselstromkreis?
(vgl. hierzu diese Seite)
2.) Scheitelwert der Stromstärke und Wechselstromwiderstand.
Erinnerung: und |
c) Verkleinere / vergrößere die Eigeninduktivität durch Auswahl im Auswahlfeld "Induktivität". Klicke zunächst wieder "Reset" und dann "Rotieren".
- Wie verändert sich der Scheitelwert der Stromstärke dabei (Länge des grünen Zeigers)?
- Wie ändert sich also der Wechselstromwiderstand der Spule?
- Was passiert, wenn man als Eigeninduktivität von 0,5 mH und eine Frequenz von 25 Hz nimmt?
d) Lasse nun die Eigeninduktivität fest bei 1 mH. Wähle die verschiedenen möglichen Frequenzen.
- Wie ändert sich dabei die Rotationsgeschwindigkeit der Zeiger?
- Wie ändert sich der Scheitelwert der Stromstärke?
- Wie ändert sich der Wechselstromwiderstand?
Beachte den Unterschied zum Kondensator im Wechselstromkreis.
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Christian und Mario Belloni vom Davidson College, USA (Copyright Hinweise) |