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Messtechnische Alternativen bei der Durchführung von Experimenten zur Kinematik

Für die Erarbeitung von Experimenten zur Kinematik im Unterrichts - oder auch in Schülerexperimenten - gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Alternativen.
Es soll hier der Versuch unternommen werden diese Alternativen mit ihren Vor- und Nachteilen möglichst objektiv darzustellen.
Welcher Alternative eine Lehrkraft den Vorzug gibt, hängt sicher von den Gegebenheiten der Sammlung, dem didaktischen Ansatz der Lehrkraft und nicht zuletzt auch davon ab, wie sicher sich die Lehrkraft im Umgang mit modernen Medien fühlt.


1.) Traditionell mit Kontakten oder Lichtschranken, einer Rollen- oder Luftkissenfahrbahn und einer elektronischen Stoppuhr.

Vorgegeben wird hier der Weg s, gemessen wird die Zeit t.

Wird der Haltemagnet des Wagens ausgelöst, beginnt die Stoppuhr zu laufen. Sie wird angehalten, wenn der Wagen eine Lichtschranke oder einen Kontakt erreicht. Um eine ganze Messreihe aufzunehmen, muss man das Experiment mehrmals durchführen.
Möchte man z.B. wissen, wie lange das Fahrzeug bis zu den drei Messpunkten 0,2 m ; 0,4 m und 0,6 m benötigt, so sind drei Messdurchgänge nötig.

Beim Verfahren der Einzelmessung sind zur Erfassung von N Weg-Zeit-Wertepaaren N Einzelmessungen erforderlich. Man benötigt eine Stoppuhr und zwei Lichtschranken oder Kontakte.

Vorteile:

  • Das Messverfahren ist leicht einsichtig und durchschaubar.
  • Die Schülerinnen und Schüler können den Ablauf des Experiments von jedem Platz aus verfolgen, wenn die Anzeige der Digitaluhr groß genug ist.

Nachteile:

  • Das Verschieben der Lichtschranken kostet wertvolle Unterrichtszeit.
  • Für aktive Mitarbeit der Schüler bleibt meist wenig Raum.
    Die Lehrkraft ist im Stress, die Schüler langweilen sich.
  • Messfehler durch ungenaues Positionieren der Lichtschranke und unterschiedliche Anfangsbedingungen bei den einzelnen Messungen sind unvermeidlich.
  • Die gemessenen Werte müssen sofort notiert werden, sie werden nicht gespeichert und sind danach verloren.
  • Meist hat man nur eine Fahrbahn zur Verfügung, so dass Schüler nicht selbst experimentieren können.
    Ihre Rolle beschränkt sich auf die Mitwirkung beim Auswerten der Messdaten.

2.) Traditionell mit Funkenschreiber oder Staubmarken und einer Rollen- oder Luftkissenfahrbahn.

Vorgegeben wird hier das Zeitintervall t, gemessen wird die im Zeitintervall zurückgelegte Wegstrecke.

Ein Funkengenerator erzeugt Hochspannungsfunken mit einer konstanten Frequenz. Das Messfahrzeug schreibt damit Funken auf einen speziellen Messstreifen. Damit wird festgehalten, wo sich das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit befand.

Vorteile:

  • Auch hier ist der Experimentablauf für die Schülerinnen und Schüler leicht durchschaubar.
  • Das Experiment läuft schneller ab, es müssen keine Umbauten während des Experiments erfolgen.
  • Eine Auswertung muss nicht in derselben Stunde wie die Messung erfolgen.

Nachteile:

  • Das Auswerten in Gruppenarbeit ist kaum möglich, weil nur ein Messstreifen zur Verfügung steht.
  • Es wird Müll produziert der weggeworfen wird, das Streifenpapier ist nicht billig.

3.) Aufnehmen des Bewegungsablaufs und Auswerten mit Hilfe der Videoanalyse.

Die Bewegung wird mit Hilfe eines Camcorders oder einer Digitalkamera im Videomodus aufgezeichnet. Hier gibt die Zahl der Bilder je Sekunde den "Zeittakt" vor, der Ort an dem sich das Fahrzeug zum entsprechenden Zeitpunkt befindet, ist auf dem Bild dokumentiert. Das Video wird anschließend ausgewertet, indem mit einem (kostenfreien) Programm wie z.B. Viana die Bilder nacheinander aufgerufen werden und die Position des Fahrzeugs markiert wird.

Vorteile:

  • Wie bei der Möglichkeit 2) läuft das Experiment schnell ab.
  • Es sind auch Aufnahmen aus dem "realen Leben" außerhalb des Klassenzimmers möglich
  • Aufnahme und Auswertung können zu unterschiedlichen Zeiten erfolgen
  • Die Vervielfältigung des Videos ist leicht möglich, so dass viele Gruppen (eine entsprechende Zahl von Computern vorausgesetzt) die Auswertung durchführen können
  • Die Auswertung ist ggf. sogar als Hausaufgabe möglich.

Nachteile:

  • Das Videoformat der aufnehmenden Kamera passt sehr selten zu dem Videoformat, welches das Auswertprogramm erwartet. In der Regel ist eine Nachbearbeitung / Umarbeitung erforderlich. Hierzu benötigt man meist spezielle Software.
  • Bei komprimierten Videos gibt es manchmal Probleme, wenn die Nachbearbeitung auf einem anderen Rechner erfolgt als die Auswertung, und die entsprechenden Codecs auf dem Auswert-Rechner nicht zur Verfügung stehen.
  • Bei schnelleren Bewegungen sind die Bilder verschwommen. Es ist nicht einfach, die genaue Position des Fahrzeugs festzustellen.
  • Für größere Objekte (Züge, Autos, Flugzeuge, etc.) sollte die Kamera mindestens 640x480 Pixel erfassen können. Digitalkameras lösen im Videomodus meist nicht hoch genug auf.

4.) Erfassung mit Hilfe eines kommerziellen Messerfassungssystems mit Speichenrad.

Das Messfahrzeug wird wie bei 1) mit einem Faden gezogen, der über ein Speicherrad am Ende der Fahrbahn geführt wird. Eine Lichtschranke erfasst die Lichtimpulse, die durch die Speichen entstehen. Diese werden auf einem Rechner mit einem speziellen Programm ausgewertet.

Vorteile:

  • Die Messung läuft schnell ab
  • Die aufgenommenen Messdaten können auch gespeichert und in einer anderen Unterrichtsstunde ausgewertet werden.

Nachteile:

  • Das Messverfahren ist für die Schüler wenig transparent
  • Man braucht prinzipiell wieder einen Faden, der die Bewegung des Fahrzeugs auf das Rad überträgt.
    Bei der gleichförmigen Bewegung muss man wieder die Abhebemethode verwenden: ein Zuggewicht setzt auf einem Teller auf, das Fahrzeug bewegt sich anschließend gleichförmig weiter. Diese Methode muss man den Schülerinnen und Schülern erst erläutern.
  • Der Zugfaden kann sich verdrillen und verknoten.
  • Mehrere Sätze für Schülerübungen sind relativ teuer in der Anschaffung

5.) Erfassung mit Hilfe eines kommerziellen Messerfassungssystems mit Bewegungssensor.

Solche Systeme sind noch relativ neu. Die Bewegung des Fahrzeugs wird über einen Ultraschallgeber und einen Ultraschallempfänger mit Hilfe des Dopplereffekts gemessen. Damit ist teilweise auch die Erfassung von Bewegungen nicht nur längs einer Linie sondern in einer Ebene möglich.

Vorteile:

  • Sehr elegant, auch geeignet für Bewegungen in der Ebene

Nachteile:

  • Die Erfassung der Messdaten ist für die Schülerinnen und Schüler noch weniger transparent als bei 4)
  • Die Systeme sind für Schülerexperimente eher weniger geeignet.

Fazit:

Manche Systeme sind sehr transparent .Sie lassen die Methode, wie die Messdaten erfasst werden, klar erkennen (1,2,3). In der experimentellen Durchführung benötigen diese Systeme aber manchmal viel Zeit (1), sie sind wenig effizient. Die Möglichkeiten für Schüler selbst zu experimentieren sind eingeschränkt. Die Auswertung in Gruppen teilweise erschwert (2).

Die Videoanalyse (3) hat ihre Stärken vor allem bei Experimenten außerhalb des Klassenzimmers. Die Künstlichkeit der Messversuche mit Fahrbahnen entfällt. Allerdings ist das Umwandeln verschiedener Videoformate nicht trivial und benötigt eine entsprechende Einarbeitung von Seiten der Lehrkraft.

Kommerzielle Messerfassungssysteme der Lehrmittelfirmen (4,5) sind sehr elegant. Diese Eleganz wird häufig zu Lasten der Transparenz erreicht, d.h. das Prinzip, wie die Daten erfasst werden und wie sie in den Computer gelangen, bleibt für die Schülerinnen und Schüler oft im Dunkeln. Ihre Rolle beschränkt sich darauf, die Daten auszuwerten und zu interpretieren.


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