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Freier Fall einer Kugel, Fallbeschleunigung
Wenn die Aufzeichnung von beschleunigten Bewegungen möglich ist, dann
müsste es doch im Prinzip auch möglich sein, Fallexperimente mit der
Lichtschrankenschiene durchzuführen, wenn man diese senkrecht stellt und
einen geeigneten Gegenstand durch den Zwischenraum fallen lässt.
Zunächst war ich von meiner Idee begeistert, dann aber auch sofort
skeptisch:
- Geht das überhaupt?
- Sind die Soundkarte und der Auswertrechner schnell genug dafür?
- Wird die Genauigkeit der Messerfassung ausreichen?
- Wie kann man den Gegenstand dazu bringen genau im Zwischenraum zwischen den Lichtschranken zu fallen?
- Welchen Einfluss hat die Luftreibung?
- Welche weiteren Probleme könnten auftreten?
1.) Messparameter und programmtechnische Vorüberlegungen.
Lässt man einen Gegenstand frei fallen, so benötigt er für eine Fallstrecke von 0,9 m eine Zeit von 0,43 s (s = 1/2*g*t2). In dieser Zeit muss der Rechner zehn Verdunklungen der Lichtschranken sicher erkennen, auswerten und speichern. An der letzten Lichtschranke wird eine Geschwindigkeit von 4,2 m/s erreicht. Bei einem Durchmesser einer Kugel von 10 mm entspricht dies also einer Verdunklungszeit von etwa 2,3 ms.
Übliche Soundkarten tasten mit 44100 Samples pro Sekunde ab, d.h. sie
erfassen 44100 Spannungswerte je Sekunde und wandeln sie digital um.
Dabei entfällt die Hälfte - also 22050 Messungen je Sekunde - auf
jeden Kanal. Hat das abgetastete Tonsignal eine Frequenz von 5 kHz, so
entspricht dies einer Periodendauer von 0,2 ms. Während dieser Zeit werden
also 0,0002 s* 22050 1/s = 4,41 Messwerte erfasst. Dies genügt
noch, um das Signal sicher zu erkennen. (Shannon Theorem)
Während 2,3 ms Verdunklungsdauer erzeugt der Tongenerator der Lichtschrankenschiene etwa 10 Perioden. Dies müsste sicher zu messen sein. Allerdings kann man das Signal nur auf eine Periode genau auswerten. Man muss also bei so kurzen Zeiten mit einem systembedingten Fehler von bis zu 10% rechnen. Dennoch sollte das funktionieren und 10% Messfehler sind gerade noch zu ertragen.
2.) Experimentelle Vorüberlegungen.
Man kann einen Körper (idealerweise eine Kugel) nur dann dazu bringen,
genau zwischen den Lichtschranken durchzufallen, wenn man ihm den Weg mit einer
Röhre vorgibt. Meine Idee war also, ein durchsichtiges Acrylglasrohr genau
zwischen den Lichtschranken zu positionieren und eine Kugel geeigneten
Durchmessers durchfallen zu lassen.
Ich hatte keinen Zweifel, dass es mir gelingen würde, das Rohr genau genug
zu justieren, dennoch hatte ich Bedenken, ob das überhaupt klappen
könnte:
- Würde das runde Acrylglasrohr die Lichtstrahlen überhaupt durchlassen?
- Wirkt das Acrylglasrohr so stark als Linse, dass kein Lichtempfang mehr möglich ist?
- Würde ich in das Rohr Löcher für den Lichtstrahl bohren müssen?
Welchen Durchmesser sollte die Kugel haben?
- Ist sie zu klein, dann "pendelt" sie unter Umständen durch das Rohr und verdunkelt die einzelnen Lichtschranken nicht immer mit dem gleichen Durchmesser, was zu Messfehlern führt.
- Passt die Kugel aber gerade durch das Rohr, welchen Einfluss würde dann auftretende Reibung haben?
- Würde nicht die Luft, die die Kugel im Rohr vor sich herschiebt und die dann nicht an der Kugel vorbeiströmen kann, den Fall der Kugel zu sehr bremsen?
Die Probleme lagen auf der Hand, aber die Fragen ließen sich nicht theoretisch beantworten, das musste ich schlicht ausprobieren!
Ich besorgte mir über das Internet Plexiglasrohre mit 13 mm Außen
- und 10 mm Innendurchmesser mit 1,0 m Länge. Solche Plexiglasrohre gibt
es z.B. bei Ebay. Ich habe meine Rohre
hier besorgt (Quelle:
Online-Work-Shop, Frank Mannagottera, 82362 Weilheim/Obb.). Diese Rohre kosten
ein paar Euro.
Als ich das Plexiglasrohr zwischen die Lichtschranken brachte, gab es die erste
(positive) Überraschung: das Licht geht noch durch und die Lichtschranken
reagieren auf einen Gegenstand im Rohr!
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Die beiden folgenden Bilder verdeutlichen, wie das Plexiglasrohr im
Zwischenraum befestigt wird. Es genügen zwei Halteclips, weil das
Acrylglasrohr mit 1,5 mm Wandstärke verwindungssteif genug ist. |
Dieses Bild zeigt die Verschraubung an der Trageplatte der Lichtschrankenschiene. Man erkennt die Flügelmutter und den Abstandshalter. Man kann auch gerade noch die Oberkante des Halteclip entdecken, in den das Rohr eingeclips wird. |
3.) Der erste Test mit einer kleinen Schraube.
Als ersten Test ließ ich eine kleine Schraube durch das Rohr
fallen. |
Wie zu erwarten, war allerdings die v-t-Auswertung nicht
zufriedenstellend: die Schraube "torkelt" während des Falls
durch das Rohr, was dazu führt, dass die Verdunklungsbreite stark
variiert. |
4.) Fallexperimente mit Kugeln.
Zwei Tage später trafen die Kugeln ein, die ich ebenfalls über
Ebay besorgt hatte. Das waren einerseits Edelstahlkugeln mit 9,525 mm
Durchmesser, die gerade so durch das Rohr passen (vgl. Foto) und Holzkugeln mit
8 mm Durchmesser. |
Mit den Messergebnissen der Stahlkugeln war ich recht zufrieden. Die
Zeiten kommen ein klein wenig zu groß heraus, was an der Reibung oder am
Luftstau liegen kann. (Mittlere Tabellenspalte 0,443 s für 0,9 m statt
0,428 s) |
Beim v-t-Diagramm ergibt sich schon eine halbwegs brauchbare Gerade. Die
Geschwindigkeit im letzten Punkt ist mit 4,36 m/s etwas zu groß
gegenüber der Theorie (4,2 m/s). Dies kann an der 10% Messabweichung
liegen, die auswertungsbedingt entstehen kann (s.o.). |
Mit den Ergebnissen der Holzkugeln war ich hingegen nicht zufrieden. Sie
sind zu leicht. Hier macht sich doch die Luftreibung deutlich bemerkbar. Viel entscheidender als mögliche Auswertfehler und Luftwiderstand ist
aber der geeignete Start der Kugeln und die wirklich senkrechte Justierung der
Lichtschrankenschiene, damit keine Reibung an den Wänden auftritt. Deutlich besser ist es natürlich wenn man die Lichtschrankenschiene stabil über eine Stativstange befestigt und genau senkrecht ausrichtet (ggf. Wasserwaage oder Lot verwenden). Das nebenstehende Bild zeigt einen möglichen Aufbau. Die gelbe Wanne fängt die Kugel auf. Das Ende der Schiene ist etwas über der Wanne, damit die Luft im Rohr entweichen kann. |
5.) Möglichkeiten für die Auslösung des Starts.
1) Der Trick mit der Büroklammer.
Die wahrscheinlich beste und einfache Anordnung für die
Auslösung der Kugel ist es ein kleines 1 mm Loch durch das Plexiglasrohr
zu bohren. Auch wenn man sich nicht allzu viel Mühe mit dem Justieren gibt, wird man doch in der Regel für die Fallbeschleunigung zwischen 9,7 und 10,1 m/s2 herausbekommen. Größere Abweichungen hatte ich bei meinen Messungen praktisch nie. |
2) Ein Haltemagnet für die Kugeln.
Bei kommerziellen Messeinrichtungen für den freien Fall werden die Kugeln meist mit Elektro-Haltemagneten gehalten. Es ist nun etwas schwierig Elektro-Haltemagnete aufzutreiben, die weniger als 20 mm im Durchmesser haben und daher noch zwischen die Lichtschrankenschienen passen.
Eine mögliche Bezugsquelle für einen geeigneten kleinen
Haltemagneten ist
http://www.respotec.de. In deren Programm gibt es
den Haltemagnet Re06510, der 17 mm Durchmesser und 10 mm Höhe hat. Er
kostet etwa 2,60 Euro zzgl. Versandkosten (Stand März 2008).
Der Haltemagnet passt zwischen die Lichtschrankenschienen und ist bei 1,5 bis
2,0 V angelegter Spannung durchaus in der Lage die Stahlkugel sicher zu halten.
Dabei wird die Spule auch noch nicht übermäßig heiß.
(Stromstärke etwa 0,5 A)
Möchte man den Haltemagneten verwenden, muss man das Plexiglasrohr an
einer Stelle etwas ausnehmen.
Die Kugel wird zunächst mit einer Art kleinem "Löffel" bei
eingeschaltetem Elektromagneten unter den Haltemagneten gebracht. Die Kugel
fällt dann beim Öffnen des Stromkreises.
Die Messwerte sind mit dem Haltemagneten geringfügig genauer als mit der Büroklammer-Methode, möglicherweise weil beim Herausziehen der Büroklammer die Kugel in Rotation versetzt wird.
Fazit:
Mit der Lichtschrankenschiene gelingt es auch erfolgreich Fallexperimente durchzuführen, wenn man sie senkrecht stellt. Mit geeigneten Stahlkugeln erhält man auch ganz brauchbare Ergebnisse. Die Soundkarte und das Programm können die Daten selbst dann schnell genug auswerten, wenn man über keinen sehr schnellen Rechner verfügt.
Das größte Problem liegt darin, die Kugel direkt über der
ersten Lichtschranke sicher zu haltern.
Holzkugeln sind zu leicht, bei ihnen macht sich der Luftwiderstand doch schon
deutlich bemerkbar.
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