Stehende elektromagnetische Wellen in Luft und Wasser.
1.) Der Sender für das Experiment.
Ein Röhrensender, der in vielen Sammlung vorhanden sein dürfte, strahlt eine elektromagnetische Welle mit einer Frequenz von ca. 436 MHz ab. Mit einem schnellen Frequenzzähler, wie er z.B. einmal bei ELV als Bausatz erhältlich war, kann man diese Frequenz sogar messen. Heute bietet ELV einen Frequenzzähler mit ähnlichen Daten für knapp 100 Euro unter der Bezeichnung FC 500 als Fertiggerät an. Auch als Bausatz ist das Gerät erhältlich. |
Ein Sende- oder Empfangsdipol ist dann richtig abgestimmt, wenn er die Dipollänge Lambda / 2 hat. Die zu dem Gerät passenden Dipole haben eine Länge von ca. 32 cm. Also ist die Wellenlänge der abgestrahlten Welle (in Luft) etwa 64 cm.
Damit kann man die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Welle
in Luft bestimmen:
Es gilt c = f* Lambda = 4,36*108 1/s * 0,62
m = 2,8 * 108 m/s. Dies entspricht in etwa der
Lichtgeschwindigkeit c.
2.) Eine stehende Welle in Luft.
Lässt man die elektromagnetische Welle gegen eine Metallplatte
laufen, so werden die leicht beweglichen Elektronen in der Metallplatte zu
Schwingungen angeregt. Diese Schwingungsfrequenz entspricht der Frequenz des
Senders. Die Metallplatte wirkt also wie eine zweite Sendeantenne, die ihre
Welle auch entgegen der ursprünglichen Welle aussendet. |
Mit einem Empfangsdipol wird das Signal zwischen Sender und Metallwand empfangen und mit einer Diode gleichgerichtet. Man bekommt dann eine Spannung, die ein Maß für die elektrische Feldstärke am jeweiligen Messpunkt ist.
Direkt an der Metallwand ist eine Knotenstelle der elektrischen Feldstärke (Spannung minimal). Weitere Knotenstellen findet man in jeweils etwa 32 cm Abständen voneinander, also im Abstand Lambda / 2. Jeweils dazwischen erhält man Bauchstellen der elektromagnetischen Welle, hier wechselt die elektrische Feldstärke zwischen ihrem positiven und negativen Maximalwert hin und her - die Spannung wird maximal.
3.) Die Ausbreitungsgeschwindigkeit hängt vom Medium ab.
Nach der
Theorie der
Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle hängt
diese vom Medium ab, in dem sich die Welle ausbreitet.
Für die Ausbreitungsgeschwindigkeit gilt:
Im Vakuum (und näherungsweise auch in Luft) sind die
Materialkonstanten Epsilon-r und My-r recht genau 1.
In Materie ist die Permeabilitätszahl My-r (außer bei
Ferromagnetika) auch praktisch 1.
Die Dielektrizitätszahl hingegen ist meist größer als 1.
Folge: Die Ausbreitungsgeschwindigkeit von elektromagnetischen Wellen
in Materie ist kleiner als in Luft. Damit ist auch die Wellenlänge kleiner
als in Luft
Es gilt:
4.) Eine stehende Welle in Wasser.
Das Wassermolekül hat als polares Molekül eine recht hohe
Dielektrizitätszahl von
.
Das bedeutet, dass sich elektromagnetische Wellen in Wasser nur mit etwa 1/9
der Lichtgeschwindigkeit c ausbreiten sollten. Die Wellenlänge ist dann in
Wasser ebenfalls nur etwa 1/9 der Wellenlänge in Luft.
Kann man dies experimentell überprüfen und beweisen?
Man kann das Experiment mit der stehenden Welle statt in Luft auch in
Wasser durchführen. Der Sender steht vor einem Wassertrog, in dem sich
destilliertes Wasser befindet. Am anderen Ende des Troges steht eine
Metallplatte oder ein Spiegel (die reflektierende Spiegelschicht ist auch
metallisch). |
Der Empfangsdipol passt nicht!
Den "normalen" Empfangsdipol kann man zum Nachweis der elektromagnetischen Wellen in Wasser natürlich dann nicht mehr verwenden - er hat nicht die richtige Länge! Wenn die Wellenlänge in Wasser nur noch 1/9 der Wellenlänge in Luft beträgt, dann darf der "Wasserdipol" auch nur 1/9 der Länge des "Luftdipols" haben. |
Eine Dipolhälfte des originalen "Luftdipols" (unten) und des angefertigten "Wasserdipols" (oben). |
Wenn man keine passenden Dipole hat, dann muss man sie sich eben selber
anfertigen! |
Die original Dipolstangen werden dann durch die kurzen, selbstgemachten
Dipolstangen ersetzt - der "Wasserdipol" ist einsatzbereit. |
5.) Die Messung und ihre Ergebnisse.
Die Fotos zeigen das Ergebnis einer Messung, die im 4-stündigen Physikkurs 2006/2008 am Erich Kästner Gymnasium in Eislingen mit dem selbstgebastelten Dipol durchgeführt wurde.
Die erste Knotenstelle vor der Spiegelwand |
Leider ist das Dipolgehäuse zu breit, man
kommt nicht ganz an die reflektierende Spiegelfläche heran und kann daher
die Knotenstelle der elektromagnetischen, stehenden Welle dort nicht
nachweisen. Das Ergebnis ist nun Bestätigung und Enttäuschung zugleich! Bestätigung, weil der Versuch belegt, dass die Wellenlänge der elektromagnetischen Welle in Wasser tatsächlich deutlich kleiner als in Luft ist. Enttäuschung, weil man nach einer einfachen Theorie eine noch
kleinere Wellenlänge erwartet hätte. Bei einer Wellenlänge von
64 cm in Luft und einer Dielektrizitätszahl von 81 müsste die
Wellenlänge in Wasser 1/9 des Wertes von Luft also etwa 7 cm betragen (64
cm / 9). |
Die zweite Knotenstelle vor der Spiegelwand |
Erklärung für die Abweichung.
Die Erklärung für die Abweichung liegt zunächst einmal darin,
dass die Dielektrizitätszahl von Wasser nur im konstanten elektrischen
Feld z.B. eines Plattenkondensators den Wert 81 hat. Die Wasserdipole
richten sich dort perfekt aus.
Hat man es aber mit elektrischen Wechselfeldern zu tun, dann
müssen die Dipole der Wassermoleküle ständig ihre Polung
wechseln - und das ziemlich schnell.
Dass dies nicht so perfekt erfolgt, ist klar, daher sinkt bei elektrischen
Wechselfeldern die Dielektrizitätszahl ab. Je größer die
Frequenz, desto kleiner wird die Dielektrizitätszahl.
Man kann das schnelle Umpolen der Wassermoleküle sehr schön mit dieser Simulation der Universität von Colorado veranschaulichen.
6.) Vertiefende Hinweise zur Frequenzabhängigkeit der Dielektrizitätszahl von Wasser.
Auch Licht ist eine elektromagnetische Welle ( 1014 Hz) und
gehorcht denselben Gesetzen. Die Brechung von Licht an einer Grenzschicht
Luft-Wasser ist auf die unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten der
elektromagnetischen Lichtwelle in Luft und in Wasser zurückzuführen.
( vgl.
hierzu diese Seite)
Dabei gilt für das Verhältnis von Einfallswinkel und
Brechungswinkel:
Führt man Brechungsversuche am Übergang Luft-Wasser mit Licht durch,
so erhält man als Brechungsindex n etwa 1,3, das entspricht einer
Dielektrizitätszahl von etwa 1,7.
Nimmt die Dielektrizitätszahl mit steigender Frequenz tatsächlich so drastisch ab?
Sieht man sich die einschlägige Hochschulliteratur an, so findet man
dort, dass sich die Dielektritätszahl bei Frequenzen unter etwa 1 GHz gar
nicht deutlich von denen in einem statischen Feld unterscheiden dürfte.
Die Abhängigkeit der Dielektrizitätszahl von der Wassertemperatur ist
hier z.B. deutlich drastischer als von der Frequenz.
(vgl. hierzu z.B. folgende Seite auf Englisch
http://www.lsbu.ac.uk/water/microwave.html).
Wahrscheinlich ist die deutliche Abweichung nur so zu erklären, dass
bei dem Experiment ein Teil des Dipols (die Diode zur Gleichrichtung und ihre
Zuleitung) noch in Luft sind. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch die
Firma Leybold in ihren Handreichungen zum bekannten Versuch "Dipole im
Wassertank").
(vgl. hierzu
http://www.leybold-didactic.com/literatur/hb/d/p3/p3724_d.pdf
).
Klaus-Dieter Grüninger, Landesbildungsserver