Diözesanmuseum Köln - Kolumba

Unterstützungs- und Ergänzungsmaterial zum Schwerpunktthema Material-Form-Raum

Diözesanmuseum Köln - Kolumba, 2003 – 2007

Stankt Kolumba war eine der größten und bedeutendsten Pfarrgemeinden im mittelalterlichen Köln. 

Diese Pfarrgemeinde gehört seit ihrer Gründung zur Erzdiözese Köln. Die Namenspatronin ist die heilige Kolumba. Nach einer Legende wurde die heilige Kolumba durch einen Bären vor einer Vergewaltigung bewahrt. Allerdings wurde sie später, unter dem römischen Kaiser Aurelian (Lucius Domitius Aurelianus*, 9. Sept. 214 in Mösien oder Sirmium, Pannonien; † 275 bei Caenophrurium, in der Nähe von Byzanz; war römischer Kaiser von 270 bis 275), enthauptet, weil sie sich geweigert hatte, als Christin den Sohn eines heidnischen Herrschers zu ehelichen.

Das Diözesanmuseum wurde 1853 gegründet und versteht sich als Kunstmuseum.

Raum:

Heute befindet sich das Museum der Erzdiözese von Köln mitten in der Stadt. Uns als Betrachter tritt ein Gebäudekomplex entgegen, der an seiner Fassade mehrere Einflüsse und Oberflächen vereint. Schon von Außen lassen sich unterschiedliche stilistische Einflüsse ablesen. Alte Gebäudeteile verbinden sich harmonisch mit den strengen und modernen Gebäudeteilen des Museumskomplexes. In seiner Höhe fügt sich das Museums in die umliegende Bebauung Kölns geschickt ein. Das architektonische Anliegen Peter Zumthors zielt auf die Ganzheit des architektonischen Baukörpers. Altes und Neues wird miteinander verbunden.

Der Ort, an dem sich das Museum befindet, ist seit der Antike bebaut. So lassen sich mehrere Kulturschichten nachweisen. Seit 1974 wurden archäologische Grabungen durchgeführt. Diese Untersuchungen beweisen die mehrfache Bebauung:

  • Römisches Haus mit Apsis aus dem 7. Jh. - vermutlicher Beginn der Kolumba-Verehrung
  • Einschiffige Kirche, wurde bis ins 13. Jh.  - mehrfach erweitert
  • Fünfschiffige Basilika aus dem 15./16. Jh.
    • Diese Basilika wurde am Ende des 2. Weltkrieges zerstört. Einzig blieb eine Madonna, scheinbar wie ein Wunder, unbeschädigt. Diese Gottesmutter mit Kind überstand die Zerstörung und wird nun als „Madonna in den Trümmern“ verehrt.
  • Gottfried Böhm schuf zwischen 1950 und 1956 einen Kapellenneubau. Hier befindet sich bis heute die Madonna in den Trümmern.

Die Grundform des Bauwerkes wurde aus dem historischen Baubestand und der Erweiterung bis zur Kolumbastraße entwickelt. So konnte die Baulücke geschlossen werden. Die vermauerten Sichtbacksteine erzeugen eine hohe materielle Präsenz. In die Wände des Obergeschosses sind bodentiefe Fensterflächen (sog. „Broschen“)  eingefügt.

Konzept:

Die Kapelle von Gottfried Böhm musste Peter Zumthor in sein Baukonzept integrieren. Grundlegend für die Konzeption Zumthors war die Schonung des Baugrundes. Die historischen Funde sollten geschützt werden. Ein Schutzbau für die archäologischen Bebauungsreste sah die Konzeption vor. Darüber hinaus sollte ein lebendiges Museum entstehen, bei dem die historische Substanz bewahrt wird und gleichzeitig historische und moderne Exponate besichtigt werden können und Ausstellungen stattfinden.

Material:

Bei den ersten Bausicherungsmaßnahmen nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden herkömmliche Ziegelsteine verwendet. Diese Aufmauerungen sind heute in die Bausubstanz integriert. Ziegelsteine wurden seit der römischen Besiedlung in Köln benutzt. Peter Zumthor bezieht sich auf diese Bautradition und lässt einen eigenen Ziegelstein mit spezifischer Graufärbung entwickeln. Dieser warmgraue Backstein (Kolumba-Stein) erinnert in seiner Form an römische Ziegelsteine. Er ist flacher und länger als herkömmliche Ziegel. Die Ziegelei Christian Petersen in Dänemark erhielt den Auftrag für die Herstellung der Ziegelsteine. 

Form:

Uns steht ein monolithisch wirkender Baukörper gegenüber.

Die Konstruktion sieht vor, dass im Erdgeschoss die archäologischen Spuren zu besichtigen sind. Diese Räume werden durch eine Art Tisch geschützt.  Die Decke/Tischplatte ist der Boden des Obergeschosses. Auf diesem Stockwerk sind die Ausstellungsräume des Diözesanmuseums untergebracht. Die Platte wird gestützt von schlanken Stahlpfeilern mit Stahlimplantaten. Durch diese Implantate wird der Baugrund sehr geschont und es werden nur punktuelle Eingriffe in den Boden vorgenommen. 

Die Klimatisierung im Museum wird durch eine Betonkernkühlung gesteuert. Der Boden, die Wände, und die Decke werden im Museum nicht verkleidet. Die Absorptions- und Speicherfähigkeit des Baumaterials (Beton) werden genutzt.

Erschließung des Museums:

Die Eingangshalle wirkt turmartig und zieht den Besucher förmlich ins Innere. Von dieser Halle gelangt man zum einen auf eine umschlossenen kleine Freifläche mit „Christusdornbäumen“, einer Sitzbank und eine Figur "Große Liegende" (1920) von Hans Josephsohn. Die Freifläche lädt zum Verweilen ein. 

Bewegt man sich nun zurück in die Eingangshalle, findet man die Garderoben aus Birkenholz und die Toiletten aus dunklem Stein. Starke Kontraste sind bewusst zu erleben. Diese Räume wirken wie kleinere Räume, die in einen größeren Raum hineingesetzt wurden.  Das Prinzip - Raum im Raum - lässt sich im gesamten Museum wiederfinden. 

Ein weiterer Weg führt zum Grabungsfeld (Erinnerungsfeld). Dieses Grabungsfeld zeigt eindrücklich die zweitausendjährige Geschichte des Ortes. Man sieht Ausgrabungen und Spolien. Die Pendelleuchten werfen ein spottartiges Licht auf bestimmte Details des Grabungsfeldes. Gleichzeitig gelangt durch das Filtermauerwerk flimmerndes Streulicht ins Innere. Licht und Schatten prägen den Raumeindruck.

Der Besucher gelangt nun auf einem Steg über das Grabungsfeld. Dieser Steg ist aus Palisanderholz mit einem breiten Handlauf gefertigt und führt unregelmäßig zick-zack-förmig über das Areal. Am anderen Ende des Steges angekommen, gelangt man in die ehemalige Sakristei der Kolumbakirche.

Das zuvor erwähnte Filtermauerwerk schafft durch die Offenheit einen Bezug zur Außenwelt. Licht, Klima, Geräusche, Geruch und das wechselnde Tageslicht werden bruchstückhaft/gefiltert ins Innere übertragen.

Erst nachdem der Besucher das Grabungsfeld überschritten hat, geht er in einer Art aufsteigender Bewegungskurve über eine eindrucksvolle Kaskadentreppe ins Obergeschoss mit den eigentlichen Ausstellungsräumen. Auch hier lässt sich das Konzept "Raum im Raum" wieder finden. In der Art von Kabinetten kann der Besucher die einzelnen Ausstellungsräume erkunden. Ausgehend von einem zentralen Raum, der sich über der alten Kirche befindet, sind drei Raumpaare (Norden, Osten, Süden) zu verstehen. Als Abschluss sind turmhohe Räume zu finden.

Die Räume lassen ein Gefühl von Intimität und Geborgenheit entstehen. Jeder Raum im Museum besitzt durch die unterschiedliche Größe, Form und Proportion eine ganz eigene sinnliche Qualität. Neben den Ausstellungsräumen befindet sich auch eine Bibliothek im Obergeschoss. Dieser Raum ist mit Mahagoniholz verkleidet. Ledersessel laden zum Sitzen und zum Lesen ein. Die Literatur beschäftigt sich ausschließlich mit dem Museum.  

Bodentiefe Glasflächen schaffen den Eindruck der Verschmelzung von Innen und Außen.

Die Grenzen verschwimmen. Eine Atmosphäre der Offenheit und Unbegrenztheit wird spürbar.

 

Weitere Fotografien zu Bauwerken von P. Zumthor