Raufen und Kämpfen: Didaktische Begründung

Raufen und Kämpfen ist neu in den Fächerverbund Bewegung, Spiel und Sport des Bildungsplans aufgenommen worden. Hierbei sammeln die Kinder grundlegende körperliche, materiale, sinnliche und soziale Erfahrungen und bilden ein differenziertes Körper- und Bewegungsgefühl aus. Bei Zieh-, Kampf- und Raufspielen bieten sich vielfältige Möglichkeiten des kontrollierten Kräftemessens der Vermittlung von sozialen, personalen, methodischen und fachlichen Kompetenzen.

Beim Raufen und Kämpfen machen die Kinder Erfahrungen im Wettkampf, sie lernen, Sieg und Niederlage einzuordnen und zu akzeptieren. Dabei loten sie ihre Grenzen aus und erleben Körperkontakt, nehmen Nähe und Distanz wahr. Ferner sind Kooperation und Fairness unabdingbare Verhaltensmuster bei körperlichen Auseinandersetzungen. Mit ihnen können Kinder in einem geschützten Raum Ichstärke erleben, aber auch Frustrationstoleranz entwickeln. Die Auseinandersetzung mit einem Partner kann dabei nur gelingen, wenn eine Kooperation mit dem Partner eingegangen wird und wenn die Kampfformen angstfrei und freudvoll vermittelt werden.

Bei der Einführung einer Unterrichtseinheit sollte man auf bestimmte Dinge achten: Kein Kind sollte zum Raufen und Kämpfen gezwungen, sondern vielmehr über eine interessante Gestaltung der Stunde zum Mitmachen animiert werden. Ansonsten sind die unwilligen Kinder Schiedsrichter. Darüber hinaus sollte man keinen festen Partner vorschreiben, da Mädchen Kampfspiele häufig erst einmal unter sich ausprobieren und kräftige oder aggressive Schüler häufig als Partner gemieden werden. Während des Kampfes darf nicht geschlagen, gekratzt, geschubst werden, sondern alle sollten verantwortungsbewusst miteinander umgehen. Außerdem sollte man Signale vereinbaren, wann auf jeden Fall aufgehört werden muss. Ferner gilt: Ich betrachte meine Gegner als Partner, akzeptiere Entscheidungen der Schiedsrichter und bin bereit, jeden in der Gruppe als Partner zu akzeptieren.

Beim kontrollierten Raufen und Kämpfen erfahren die Kinder unmittelbar ihre körperliche Leistungsfähigkeit, aber auch ihre Grenzen. Mädchen lernen ihre Körpergrenzen zu behaupten und Jungen sich einfühlsamer zu verhalten und auf Überlegenheitsansprüche zu verzichten. Dabei machen Kinder Erfahrungen des Kräftemessens bei gleichzeitigem Erleben von Fairness und verantwortlichem Handeln gegenüber anderen. Sie sammeln Erfahrungen des Miteinander und des Gegeneinander.

Besonders auch für hyperaktive Kinder ist das Raufen und Kämpfen ein hervorragendes Angebot. Sie zeigen häufig ein Übermaß an Aktivitäten und Unruhe im motorischen Bereich. Durch das Raufen und Kämpfen erhalten die Kinder ein "Entladungsangebot", das heißt erhöhte Aktivitäten, aber auch Wut, Aggressionen, sich Wehren lernen können gefahrlos und sozial gebilligt ausgelebt werden. Kämpfen ist hier keine Bedrohung oder Gefahr, sondern unterliegt vereinbarten Regeln, die vorher abgesprochen und strikt eingehalten werden müssen. Raufen und Kämpfen ist außerdem nicht immer Ausdruck von Aggressionen, sondern auch spielerische Form von Körperkontakt, Kräftemessen und Anstrengung.


Der Text dieser Seite ist verfügbar unter der Lizenz CC BY 4.0 International
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

Bitte beachten Sie eventuell abweichende Lizenzangaben bei den eingebundenen Bildern und anderen Dateien.