Pingu
Vom Trickfilm zum elektronischen Bilderbuch
Ein Trickfilm als Aufgabe für den Deutschunterricht - Einführung Kinder lieben Trickfilme Bei den Fernsehgewohnheiten der Kinder im Grundschulalter spielen Trickfilme eine bedeutende Rolle. Sie werden in großer Anzahl vorwiegend als Zeichentrickfilme angeboten und Kinder mögen diese einfach anmutende Art der Darstellung. Wenn man fragt, was ihnen an diesen Filmen gut gefalle, lautet die Antwort meist, dass die Figuren „lustig“ sind. Diese Kategorie von Filmen scheint dem Bedürfnis nach Unterhaltung besonders nachzukommen. Häufig werden Trickfilme als Serien angeboten und somit immer wieder gesehen. Bilder als Texte entschlüsseln Bilder erzählen Geschichten. Das Verstehen von Geschichten und das Erzählen von Geschichten gehören zu den ureigenen Aufgabenbereichen des Deutschunterrichts. Es gilt also nur den Textbegriff entsprechend erweitert zu verstehen: Bilder sind wie Texte zu verstehen. Hierzu gibt es deutliche Hinweise in den Ausführungen zum „Erziehungs- und Bildungsauftrag der Grundschule“ des Bildungsplans (S. 9 –28), wenn es dort heißt: „Eine weitere wichtige Aufgabe dieses Arbeitsbereiches ist es, Kinder zu befähigen, akustische und audiovisuelle Medien als Texte aufzunehmen, zu erarbeiten und angemessen zu nutzen.“ (S.20) Aus der Kunstsprache in die gesprochene Sprache übersetzen Die Pingu - Filme kommen ohne für unsere Ohren verständliche Sprache aus. Sie sind dialogisch orientiert, aber kein „Wort“ ist für sich genommen „verständlich“. Informationen und Verständnis entstehen in einem komplexen Zusammenhang. Es macht Sinn diese Sprache zu „übersetzen“. Was sagen die Personen? Wenn die Kinder zu Hause diese Filme im Fernsehen anschauen, wird selten ausführlich darüber gesprochen, denn sie scheinen ohne weiteres verständlich zu sein. Haben sie als Schüler aber den Auftrag die Geschichte aufzuschreiben, müssen sie das Gesehene in eigene Worte fassen. Damit gehen sie aktiv mit dem Gesehenen um und erfassen im Bemühen um den eigenen Text mehr von den Zusammenhängen. Ein Trickfilm als Aufgabe für den Deutschunterricht Informationen der Filme: Körpersprache, Sprache der Musik, „Sprache“ der Kamera Wenn man die häufig im Fernsehen laufenden Zeichentrickfilme, z.T. aus japanischer Produktion, mit den Pingu - Filmen vergleicht, so sind diese kleinen Filme ein Genuss für Auge und Ohr. Es sind „leise“ Geschichten, die alle Höhen und Tiefen, alle Freuden und Katastrophen eines Kinderlebens vermitteln. Die „gesprochene Sprache“ ist dabei nur ein Teil, der das Verständnis ermöglicht. Emotionen werden mindestens genauso deutlich und für das Verständnis wichtig durch die Körpersprache der Beteiligten vermittelt. „Gesprochene Sprache“ und Körpersprache gemeinsam transportieren die Inhalte. Eine unaufdringliche Rolle spielt die Musik, die mit einfachen Melodieverläufen Emotionen begleitet und in ihrer Wirkung unterstützt. Es lohnt einmal mit geschlossenen Augen die Konzentration auf die Musik zu lenken, die „gesprochene Sprache“ gedanklich auszublenden. Strukturen erkennen und verdeutlichen Wie bei gelesenen Texten können auch in den Pingu - Filmen Aufbau und Struktur erkannt und erarbeitet werden. Szenen, Sequenzen, Schnitte, „Sprünge“ lassen sich entdecken. Es wird immer eine Situation, die jedem Kind bekannt sein kann, dargestellt. Daraus entwickelt sich ein Problem, das zuletzt zu einem guten Ende geführt wird. Die Kinderwelt ist wieder in Ordnung. Die erkannten Strukturen können im Schülerbild und -text nachgezeichnet werden. Pingu in allen Jahrgangsstufen Die kleinen Alltagsgeschichten in den Pingu – Filmen bieten in allen Klassenstufen ein interessantes Angebot für Spracharbeit: in Klasse 2 als Sprech- und Schreibanlass im Rahmen individueller Fähigkeiten, in Klasse 3 außerdem mit einem Blick auf Emotionen, die die Körpersprache vermitteln (Angst, Wut, Freude, Aufregung, Zustimmung usw.) und sprachlicher Bemühungen um die Zusammenhänge, in Klasse 4 neben all dem Reflektionen zum „Machen“ solcher Filme bis zu einer ersten Filmanalyse (D. Matthias a.a.O. 1) Der Handlungsträger und sein Umfeld Der Text zu einem der hier gewählten Beispiele in der Medienrecherche des Medienzentrums lautet: „Pingu baut ein Iglu Pingu ist ein lieber Lausbub. Er lebt am Südpol. Er erlebt Sachen, die jedem Kind auf der Welt passieren können. Episode: Pingu macht einen Ausflug. Mit seinem Freund zieht er los, um draußen im Eis einen Iglu zu bauen. Doch es gibt Probleme - die beiden können sich nicht auf einen gemeinsamen Platz einigen.“ Dieser „Lausbub“ ist ein liebenswertes Kind mit vielen Einfällen, die sein Leben und das seiner Mitmenschen berührt. Pingu lebt in einer Familie mit den Eltern und seiner kleinen Schwester. Die Mutter ist – außer an der Stimme - an ihren schönen Wimpern zu erkennen. Ihr Rollenverhalten ist bemerkenswert, denn sie ist es, die Zeitung liest, während der Vater das Essen vorbereitet oder auch strickt. Einen besonderen Freund hat Pingu, einen Seehund, der Spielkamerad ist, aber auch in schwierigen Situationen Rat weiß und hilft. Pingu und seine Mitspieler sind Knetfiguren und eindrucksvoll differenziert animiert. Die ausgewählten Filme Die Auswahl der Filme erfolgte so, dass die Episoden zeitnah im Kinderkanal gesendet wurden, sie aber ebenso von den Medienzentren als Video auszuleihen waren. Das erspart Bedenken in Richtung Copyright. Für die Kinder sollte der Bezug des Unterrichts zu den Fernsehsendungen deutlich sein. Die Auswahl fiel auf: „Pingu baut ein Iglu“ (s.o.). „Pingu macht Musik“: Pingu nervt seine Familie dadurch, dass er mit einer Ziehharmonika Krach macht. Als das untersagt wird, verlässt er das Haus und kann unterwegs auch bei anderen Pinguinen keine Anerkennung finden. Er trifft einen Spezialisten auf diesem Instrument und lernt bei ihm die Kunst des Spiels. Zuhause führt er vor, was er nun kann und finden den Beifall der ganzen Familie. „Pingu geht zur Schule“: Auf dem Weg zur Schule trifft Pingu seinen Freund, den Seehund, der mit in die Schule will. Dort versteckt er sich auf Pingus Rat hin in einem Wasserloch, das ausgerechnet für den Unterricht im Mittelpunkt steht. Nach Tauchgängen melden die Mitschüler, welchen Fisch sie im Wasser gesehen haben. Als einer an die Tafel zeichnet, dass er eine Gräte gesehen habe, kommt es zur der Erklärung, dass sich der Seehund dort aufhält. Der fischt nun die Lebewesen für den Anschauungsunterricht heraus und die Schüler sollen die Namen wissen. Pingus Unkenntnis hilft der Seehund, indem er den richtigen Namen hinter dem Rücken des Lehrers an die Tafel schreibt. Für seine Leistung wird Pingu gelobt. Unterricht in 3 zweiten Klassen Der Ausgangsidee war es in den drei 2. Klassen eine Unterrichtseinheit zu planen, die multimediale Möglichkeiten, die Arbeit am PC, in den Schulalltag integrieren sollte. Gleichzeitig sollte eine Brücke geschlagen werden zwischen Unterricht und Fernsehangeboten. In jeder Klasse sollte eine andere Pingu – Episode die Grundlage für ein „elektronisches Bilderbuch“ bilden, woraus die Idee entstand zum Schuljahrsende jedem Kind alle drei Geschichten, die daraus entstanden waren, als Abschluss auf CD mitzugeben. Der Einstieg in den Unterricht fand im Dezember des Schuljahres statt, d.h. die SchülerInnen hatten zu diesem Zeitpunkt schon alle Erfahrungen im frühen Verschriften, inhaltliche und sprachliche Arbeit an ihren Texten kannten sie wenig. Dieser Unterrichtsbaustein hatte die Versprachlichung zum Ziel, sollte aber nicht aus dem bekannten Rahmen fallen. Außerdem sollte der Spaß an den Filmen nicht durch übermäßiges Nacharbeiten beeinträchtigt werden. Bevor die Filme gezeigt wurden erhielten die Kinder die Information, dass sie jetzt einen Pingu - Film sehen werden und dazu anschließend gemeinsam ein Bilderbuch gestalten sollen, indem sie eigene Bilder malen und einscannen und den Text am Computer schreiben sollen. Die Frage, wer Pingu kenne, führte zu dem beabsichtigten Effekt des Wiedererkennens. In jeder Klasse wurde einer der Filme im Zusammenhang (5 Minuten Spieldauer) gezeigt. Die Kinder erzählten anschließend, was sie verstanden hatten. Hier geschah wichtige mündliche Spracharbeit, denn viele der Zusammenhänge wurden angesprochen, bzw. im Widerspruch der Klassenkameraden geklärt. Die Rolle, die die Figuren spielen, was sie sagen, denken und fühlen. Woran man das merken kann, wenn doch nicht so gesprochen wird, wie wir es verstehen. Zur Klärung mancher offener Fragen wurde der Film ein weiteres Mal gezeigt, wobei an den strittigen Stellen unterbrochen und die Situation geklärt wurde. Anschließend erhielten die Kinder den Auftrag sich jeweils eine andere Sequenz auszusuchen und dazu ein eigenes Bild zu malen, so dass insgesamt die Geschichte erzählt wird. Die Bildformate waren mit DIN A5/quer vorgegeben. Der Arbeitsauftrag lautete formatfüllend zu malen und die Figuren dabei so groß wie möglich zu gestalten. Jedes Kind schrieb zu seinem Bild seinen Text. Durch das Malen der Bilder geben die Kinder zunächst das wieder, was sie vom Film verstanden haben. Der Text folgt dem Bild, erweitert und vervollständigt die Geschichte für den Leser. Die Bilder wurden von den Klassenlehrerinnen eingescannt und bearbeitet (Bildgröße und –format um die Datenmenge zu begrenzen). Für die Kinder haben sie mit dem Programm MSPublisher Seiten angelegt, in die die Kinder ihre Bilder und Texte einfügen konnten. Diese Texte wurden rechtschriftlich bearbeitet. Das Programm MSPublisher wurde gewählt, weil es für Kinder gut zu handhaben ist und sich im HTML-Format abspeichern lässt. So entstehen „elektronische Bilderbücher“, in denen am Monitor geblättert und gelesen werden kann. Da die HTML-Seiten keine großen Datenmengen ergeben, lassen sich diese „Bilderbücher“ auch auf älteren und nicht so starken Rechnern ansehen, denn frühe Versionen von Netscape bringen schon alles mit, was benötigt wird. Außerdem werden die Daten auf einer Diskette transportabel, denn nicht alle PC sind mit CD-ROM-Laufwerken ausgestattet. So können auch bei solch einer Ausstattung verlinkte Texte gelesen werden. Die Texte wurden von den Kindern zusätzlich gelesen und mit einem MiniDisk-Rekorder aufgezeichnet, damit die Dialoge eingebunden werden können. Es zeigte sich wieder, dass die Arbeit am Sprechen der Texte einen eigenständigen Beitrag zum Gesamtergebnis darstellt. Mögliche Fortführung Spracharbeit Mit deutlichem Zeitabstand können Bilder, Texte und Film noch einmal unter dem Gesichtspunkt der Vollständigkeit gegenübergestellt werden. Die Frage, ob das „Bilderbuch“ alle Informationen aus dem Film enthält, kann die Körpersprache und die dadurch vermittelten Gefühle in das Blickfeld rücken. Inzwischen haben die Kinder weiter mit Texten gearbeitet, so dass sie nun in der Lage sein werden ihre Vorstellungen genauer in Sprache zu fassen. Eine Variante könnte auch sein Stellen zu finden, an denen die Geschichte auch anders hätte verlaufen können und solche Verlaufsversionen zu schreiben, zu malen und mit einem Link einzufügen, bzw. aus der Sicht eines anderen Beteiligten zu erzählen. Dialoge schreiben und sprechen Eine sehr lohnende Arbeit ist es die Kinder in Gruppen Dialoge für die Figuren schreiben und sprechen zu lassen. Sollen diese Dialoge für weitere Vergleiche bereit stehen, müssen sie aufgezeichnet werden. Mit einem einfachen Soundbearbeitungsprogramm können Ton(sound)bausteine erstellt werden, die von den Kindern ausgewählt und den Bildern zugeordnet werden können (Kl.3/4). Animationen Möchte man nicht mit HTML-Seiten arbeiten, sondern z.B. PowerPoint oder Mediator einsetzen, bestehen Möglichkeiten, die Figuren zu animieren und durch die Kombination verschiedener Effekte, die die Programme anbieten, zusätzliche Wirkungen zu erzeugen und mit dem Ausgangsfilm zu vergleichen. (Kl.3/4) Von solch einem 5-Minuten-Trickfilm können kleine überschaubare Schreibaufträge ausgehen ebenso wie umfangreiche fächerverbindende Projekte. |