Emmanuel Macron und Europa

"Je n'ai pas de ligne rouge, je n'ai que des horizons." (Emmanuel Macron, 26.09.2017)

Der neue französische Präsident Emmanuel Macron hat nicht nur einen entschieden pro-europäischen Wahlkampf geführt, er präsentiert sich nun auch dementsprechend engagiert für europäische Reformen und fordert in einer Reihe von vielbeachteten Reden neuen Schwung für die Europäische Union und zwar unter anderem durch eine Neubelebung des "deutsch-französischen Motors". Damit liefert Macron dem Französischunterricht eine reiche Fundgrube an aktuellen Quellen, die das deutsch-französische Verhältnis und seine Einbettung in die europäische Idee beleuchten. (Zum aktuellen deutsch-französischen Verhältnis eine gute Situierung von L'Obs: Merkel - Macron : ce qui les rapproche, ce qui les oppose.)

Macrons Rede an der Sorbonne

Die bisher wohl einflussreichste Rede Macrons zum Thema Europa war sein "Discours pour une Europe souveraine, unie, démocratique" (Redetext, Video) am 26.09.2017 an der Sorbonne, mit dem er seine "Initiative pour l'Europe" gestartet hat. Eine gute Zusammenfassung von Macrons Botschaft bietet das entsprechende Communiqué de presse, das das Elysee dazu veröffentlicht hat.

Macron spricht zwar sehr gewählt, aber recht langsam und sehr deutlich, wodurch seine Reden zumindest ausschnittsweise für Hörverstehensübungen durchaus geeignet sind. Eine Hörverstehensübung (DOCX oder PDF, dazu Lösung als PPTX zum Einsatz z.B. an der elektronischen Tafel) zu einem recht frühen, knapp viereinhalbminütigen Ausschnitt (00:05:07-00:09:25 in diesem Video) aus der Rede befasst sich vor allem mit Herausforderungen, mit denen die EU sich konfrontiert sieht, darunter die Wahlerfolge der rechtsextremen und populistischen Parteien. Eine weitere Hörverstehensübung (DOCX oder PDF, dazu Lösung als PPTX) beschäftigt sich mit einem etwa fünfminütigen Ausschnitt (02:04:45-02:09:25 in diesem Video) gegen Ende der Rede, in dem Macron näher auf seine Wünsche für das deutsch-französische Verhältnis eingeht.

Die Rede Macrons ist in französischen und deutschen Medien vielfältig rezipiert und dabei immer wieder in Zusammenhang mit den deutschen Bundestagswahlen gestellt worden, die zwei Tage vorher stattgefunden hatten:

Macrons Besuch an der Goethe-Universität

Im Vorfeld seiner Eröffnung der Frankfurter Buchmesse stellte sich Macron einer Diskussion seiner Vorstöße für Europa mit dem ehemaligen Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit, dem Politologen Gilles Kepel und Studierenden an der Frankfurter Goethe-Universität teil. Dieser Besuch ist Teil dessen, was in Frankreich gerne als "service après-vente" zu Macrons Rede an der Sorbonne beschrieben wird. Er erinnert aber auch daran, dass Macron die erste Rede, in der er seine Pläne für Europa angekündigt hat - damals noch als Präsidentschaftskandidat und auf Englisch - ebenfalls vor deutschen Studenten, an der Humboldt-Universität in Berlin gehalten hat, was ebenso wie die Wahl der Sorbonne für seine bislang einflussreichste Rede zum Thema Europa die Bedeutung unterstreicht, die Macron für die Umsetzung seiner Vision der jungen Generation zuschreibt.

Macrons Eröffnungsrede der Frankfurter Buchmesse

Francfort en français, so das Motto der Frankfurter Buchmesse 2017, auf der Frankreich Ehrengast war. Macrons Rede (Redetext) zur Eröffnung der Messe am 12.10.2017 hat ihrem Rahmen entsprechend einen anderen Schwerpunkt als seine Rede nach den deutschen Bundestagswahlen. Diesmal ist es der Kontext der Sprache und der Literatur, in dem er über das deutsch-französische Verhältnis spricht und Bücher allgemein und den literarischen Austausch zwischen Frankreich und Deutschland im speziellen als beste Verteidigung gegen Angst, Gewalt und Nationalismus lobt. Im Französischunterricht fügt sich diese Rede daher ebenso in die Behandlung der Literatur oder der Frankophonie ein wie in das Thema deutsch-französisches Verhältnis.

Macrons Vorstoß zur Anerkennung der europäischen Symbole

Bei Macrons Wahlkampfauftritten wurde neben der französischen auch die Europafahne ausgegeben und nach seinem Wahlsieg trat Macron zu den Klängen von Beethovens neunter Symphonie, der Europahymne, vor seine Anhänger (Pyramide du Louvre et Ode à la joie : Emmanuel Macron dans les pas de François Mitterrand). Nachdem Macron den europäischen Symbolen in seinem Wahlkampf also einen so herausgehobenen Platz einräumte, werden sie derzeit in Frankreich heiß diskutiert. Während Jean-Luc Mélenchons France Insoumise einen Antrag auf Verbannung der Europaflagge aus der Assemblée nationale einbrachte, kündigte Macron in einem Brief an Europaratspräsident Donald Tusk an, Frankreich werde der Zusatzerklärung 52 zum Vertrag von Lissabon beitreten, in der die europäischen Symbole als solche anerkannt werden.

 Eröffnungsrede des Historial auf dem Hartmannsweilerkopf

Am 10.11.2017 hat Macron zusammen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf dem Hartmannsweilerkopf im Elsass das erste deutsch-französische Museum zum Ersten Weltkrieg eröffnet, das sogenannte Historial (siehe Lien du moment vom 14.11.2017). Auch in dieser Rede (Video) nutzte Macron die Gelegenheit, die Bedeutung Europas für den Frieden und seinen Willen zu einer "refondation" Europas zu betonen. Der Schwerpunkt lag dabei natürlich auf der historischen Einordnung des deutsch-französischen Verhältnisses.

Eine weitere Hörverstehensübung (DOCX oder PDF, dazu Lösung als PPTX zum Einsatz z.B. an der elektronischen Tafel) zu einem etwa vierminütigen Ausschnitt der Rede hebt hervor, welche Bedeutung die Erinnerung an die deutsch-französischen Konflikte für die Freundschaft der beiden Länder und das Engagement für Europa in Macrons Augen hat. Da Macron sich eines anspruchsvollen Vokabulars und Satzbaus bedient, um ein komplexes Thema darzustellen, ist die Übung vor allem für die Oberstufe geeignet.

 


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