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Entwicklung der Insektenbestäubung

Schmalbiene, eine Wildbiene, auf pollenreichem Blütenstand
Schmalbiene, eine Wildbiene, auf pollenreichem Blütenstand

Evolutive Entstehung der Blütenpflanzen

Die ältesten Samenpflanzen sind die Nacktsamer (Gymnospermae) mit den Nadelholzgewächsen als heutige wichtigste Gruppe. Nacktsamer gibt es seit dem Permzeitalter (etwa seit 270 Millionen Jahren). Vor ca. 120 Millionen Jahren entwickelten sich die ersten Bedecktsamer (Angiospermae), die heutigen Blütenpflanzen im engeren Sinn. Die bedecktsamigen Blütenpflanzen machten sofort eine starke adaptive Radiation durch und entwickelten bis heute ca. 300 000 Arten, während die Nacktsamer eine evolutive Reliktgruppe mit nur ca. 500 Arten sind.

Nacktsamige Pflanzen werden durch den Wind bestäubt. Die wichtigste "Erfindung" der Bedecktsamer waren die zwittrigen Blüten, auch wenn heute manche Bedecktsamer sekundär wieder eingeschlechtige Blüten haben. Erst durch die Zusammenlegung von weiblichen und männlichen Geschlechtsorganen in zwittrigen Blüten war eine effektive Bestäubung durch Tiere (heute v.a. Insekten) möglich. Durch den zielgenaueren Transport der männlichen Samenzellen zu den weiblichen Eizellen durch angelockte Insekten konnte die Produktion der wertvollen Pollen reduziert werden. Ein Problem der zwittrigen Blüten war die Gefahr der Selbstbestäubung, die bei Selbstbefruchtung zu Inzuchtdepression führen kann.

Verhinderung von Selbstbestäubung

Die Bestäubung einer Blüte durch Pollen derselben Pflanze bezeichnet man als Selbstbestäubung. Diese führt tendenziell zu einem höheren Homozygotiegrad und birgt die Gefahr, dass sich potentiell nachteilige, rezessive Allele phänotypisch manifestieren ("Inzuchtdepression"), was mit sinkender Fitness einhergeht. Daher findet man bei Pflanzen häufig Mechanismen, Selbstbestäubung zu verhindern.

Arten mit Individuen mit ausschließlich männlichen bzw. ausschließlich weiblichen Blüten können sich nicht selbst bestäuben. Man bezeichnet sie als zweihäusig oder diözisch. Viele diözische Pflanzen werden windbestäubt. Die Weiden der Gattung Salix aber (z.B. Salweide S. caprea oder Silberweide S. alba) werden von Insekten bestäubt. Diese werden belohnt durch Pollen und Nektar (an männlichen Blüten) oder nur durch Nektar (an weiblichen Blüten).

Männliche Blüten der Salweide Salix caprea
Männliche Blüten der Salweide
Weibliche Blüten der Salweide Salix caprea
Weibliche Blüten der Salweide

Arten, bei denen männliche und weibliche Blüten auf einem Individuum vereint sind, nennt man einhäusig oder monözisch. Ein bekanntes Beispiel in unseren Breiten ist die Haselnuss. Monözische Pflanzen werden häufig windbestäubt, so wie die Haselnuss (Corylus avellana). Bienen, bspw. die Honigbiene, sammeln zwar Pollen an den männlichen Blüten im frühen Frühjahr, da sie aber die unscheinbaren weiblichen Blüten nicht besuchen, bleibt eine Bestäubung aus.

Bei zwittrigen Blüten ist Selbstbestäubung prinzipiell möglich, es gibt aber Mechanismen, um Fremdbestäubung zu sichern.

Bei vielen Blütenpflanzen sind die Blüten zuerst männlich, d.h. der Stempel ist anfänglich funktionsuntüchtig. Danach wird die Blüte weiblich, d.h. die Staubblätter vertrocknen und der Stempel wächst zu seiner endgültigen Gestalt. Dieses Verhalten nennt man vormännlich (proterandrisch, Überbegriff Dichogamie=unterschiedliche Reifezeitpunkte von männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen bei zwittrigen Pflanzen). Beispiele sind viele Korbblütler, Glockenblumen, Weidenröschen, Natternkopf, Fingerhut, Storchschnabel und Salbei.

Wald-Weidenröschen, links eine männliche Blüte, rechts eine weibliche Blüte
Wald-Weidenröschen
Wollbiene auf Wiesen-Storchschnabel
Wollbiene auf Wiesen-Storchschnabel

In einem Blütenstand sind deswegen die älteren Blüten weiblich und die jüngeren männlich. Ein Blütenstand, der sich normalerweise von unten nach oben öffnet, weist deswegen oben männliche und unten weibliche Blüten auf. Interessanterweise besuchen viele Wildbienen solche Blütenstände bspw. vom Wald-Weidenröschen (Epilobium angustifolium) auch von unten nach oben, damit wird eine Selbstbestäubung wirksam verhindert. In dem Foto des Wald-Weidenröschen sieht man links eine Blüte in männlicher Phase mit Staubgefäßen und rechts eine Blüte in der weiblichen Phase mit ausgewachsenem Stempel, dessen Narbe viergeteilt ist. Eine andere vormännliche Blütenpflanze ist der Wiesen-Storchschnabel (Geranium pratense).

Ein bekanntes Beispiel der Verhinderung von Selbstbestäubung ist die Heterostylie bei der Schlüsselblume (Primula elatior). Es gibt Individuen mit langem Griffel (Narbe steht oberhalb der Pollensäcke) und Individuen mit kurzem Griffel (Narbe steht unterhalb der Pollensäcke). Die Pollen der langgriffeligen Individuen können nur auf der Narbe der kurzgriffeligen Individuen auskeimen und umgekehrt. Der Blutweiderich (Lythrum salicaria) hat sogar drei Formen: solche mit langem, solche mit mittellangem und solche mit kurzem Griffel.

Aber selbst wenn eine Pflanze sich selbst bestäubt hat, kann es sein, dass auf Grund von chemischen Stoffen die Befruchtung verhindert wird: dieses Phänomen nennt man Selbstinkompatibilität.