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Wahlrecht im Norddeutschen Bund und im Deutschen Kaiserreich

Das Wahlrecht im Norddeutschen Bund und im Deutschen Kaiserreich kam mit der Gründung des Norddeutschen Bundes 1867 und der Einrichtung eines Reichstags als Parlament zustande. 1869 gab der Bund sich dann ein Bundeswahlgesetz, das zum ersten Mal für die Reichstagswahl vom März 1871 angewandt wurde. Diese Wahl gehört bereits zur Geschichte des seit 1871 bestehenden Deutschen Kaiserreichs.

Die Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl war im weltweiten Vergleich eher selten, so dass das Wahlrecht als ausgesprochen progressiv gelten kann.

Wählen durften im Norddeutschen Bund und im Kaiserreich im Grundsatz alle Männer über 25 Jahre, jeder hatte eine Stimme. Ausgeschlossen waren Gruppen, die in der Zeit auch in vielen anderen Ländern ausgeschlossen waren, etwa Männer, die von der Armenunterstützung lebten. Die Wähler bestimmten einen Direktkandidaten in ihrem Wahlkreis; erreichte kein Kandidat die absolute Mehrheit, so kam es zu einer Stichwahl. Zwar sollte die Wahl auch geheim sein, doch es dauerte lange, bis Maßnahmen getroffen wurden, damit tatsächlich nur der betreffende Wähler wusste, wem er seine Stimme gab.

Gleich war das damalige Wahlrecht, weil jeder Wähler dieselbe Anzahl an Stimmen hatte (eine) und jede Stimme denselben Zählwert hatte. Dennoch hatten die Stimmen im damaligen Mehrheitswahlsystem nicht unbedingt denselben Erfolgswert: Wer seine Stimme einem unterlegenen Wahlkreisbewerber gab, dessen Stimme wurde weiter nicht mehr berücksichtigt. Dieser Umstand war dann auch ein Argument in der Diskussion um ein Verhältniswahlrecht, denn dort herrscht nicht nur eine formelle, sondern auch eine materielle Wahlgleichheit.

 

 

 

Details

Details: Allgemeine und gleiche Wahl Wählen und damit ihr aktives Wahlrecht ausüben durften ab 1869 alle Einwohner, die

  • männlichen Geschlechts waren,
  • mindestens 25 Jahre alt waren,
  • die Staatsangehörigkeit eines der Bundesstaaten besaßen,
  • ihren Wohnsitz in einem der Wahlbezirke hatten,
  • keine aktiven Soldaten waren,
  • keine Strafgefangenen waren,
  • nicht von der Armenunterstützung lebten,
  • nicht entmündigt waren.

Waren 1874 noch 11,5 Prozent der Deutschen im Wahlalter vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen, so traf dies 1912 für 5,9 Prozent zu. Das lag daran, dass die Wählerlisten besser geführt und die Kriterien anders ausgelegt wurden (in der Weimarer Republik waren es nur noch zwei Prozent). Nicht wählen konnten die Staatsangehörigen, die im Ausland oder in den deutschen Kolonien wohnten, da sie nicht in einem Wahlbezirk wohnten. Innerhalb der Kolonien gab es eine Verwaltung, aber keine Volksvertretungen. […]

Gleich war das damalige Wahlrecht, weil jeder Wähler dieselbe Anzahl an Stimmen hatte (eine) und jede Stimme denselben Zählwert hatte. Dennoch hatten die Stimmen im damaligen Mehrheitswahlsystem nicht unbedingt denselben Erfolgswert: Wer seine Stimme einem unterlegenen Wahlkreisbewerber gab, dessen Stimme wurde weiter nicht mehr berücksichtigt. Dieser Umstand war dann auch ein Argument in der Diskussion um ein Verhältniswahlrecht, denn dort herrscht nicht nur eine formelle, sondern auch eine materielle Wahlgleichheit. 

 

 

 

 

Karikatur in der Satirezeitschrift Kladderadatsch, 1867:

In den USA regiert die Gewalt und in Großbritannien der Alkohol,

während in Norddeutschland eine Wahl gesittet abläuft.


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
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