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Buch des Monats Februar 2009


Marina Budhos: Es gibt uns doch!

dtv pocket, München Januar 2008
ISBN 978-3-423-78220-3
203 Seiten

Altersempfehlung: ab 14 Jahre
Zuordnung zu den Bildungsstandards: BS 8

<p"Ich will nur das, was Sie alle wollen. Ich will eine Zukunft." (S. 191), so formuliert Aisha in zwei Sätzen um was es in dem Roman von Marina Budhos geht:

Die 15jährige Nadira, die die Geschichte ihrer Familie aus ihrer Perspektive erzählt, ist mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Aisha und ihren Eltern vor acht Jahren mit einem Touristenvisum in die USA gereist, wo die Familie auch nach Ablauf des Visums bleibt. Obwohl der Vater sich über Anwälte um die Legalisierung ihres Status bemüht, bleiben die Anträge der Familie auf Bleiberecht einfach hängen, und die Familie lebt wie zehn Millionen andere illegal in den USA.

Die Terroranschläge des 11. September 2001 verändern das Leben der Familie Hossain drastisch. Während sie vor dem 11. September stillschweigend geduldet wurden, unterliegen sie nun als bengalische Moslems einer neu eingeführten Meldepflicht. Diese zu erfüllen würde für die Familie bedeuten, ihren illegalen Status preiszugeben. Inhaftierung und Abschiebung drohen. In dieser Situation beschließt der Vater mit der Familie an die kanadische Grenze zu reisen und dort um Asyl zu bitten. Dort wird er nicht nur zurückgewiesen – bei der Rückeinreise wird der Vater inhaftiert. Während die Mutter in einer Notunterkunft in der Nähe des Vaters bleibt, reisen die Töchter allein nach New York zurück und leben dort bei Tante und Onkel.

Da den Schwestern immer deutlicher wird, dass die Anwälte an dem Fall ihrer Familie unengagiert arbeiten, sammeln sie auf eigene Faust Material, durch das bewiesen werden soll, dass der Vater weder politische Aktivitäten verfolgte noch in einer Moschee illegal Geld in einen Fonds eingezahlt hat, sondern vielmehr acht Jahre lang zuverlässig in New York gearbeitet hat. Briefe und Petitionen der Schwestern bleiben jedoch unbeantwortet und es kommt noch schlimmer: Auch der Onkel wird verhaftet, verhört und offenbar misshandelt. Nach Wochen kommt er als gebrochener, gedemütigter Mann nach Hause und beschließt resigniert nach Bangladesch zurückzukehren.

Auch Aisha, die ältere, stets starke, erfolgreiche Schwester wird nun zunehmend von Ängsten und Depression gequält. Als Aisha im Begriff ist, ihre Zukunftspläne für College und Studium aufzugeben, ergreift die bisher zögerliche jüngere Schwester Nadira, die immer im Schatten ihrer Schwester gestanden hatte, die Initiative: Sie hebt die Geldeinlagen ihres Vaters ab und reist nach Vermont, um bei der bevorstehenden Anhörung ihres Vaters zugegen zu sein. Während dieser Anhörung ergreift sie mutig das Wort und erreicht ein Berufungsverfahren, in dem der Familie schließlich das Bleiberecht zugesprochen wird.

Aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Nadira wird die Geschichte der Familie Hossain in einer eindringlichen, jedoch unprätentiösen Sprache erzählt. Packend und ergreifend werden die Probleme der Familie – wie auch Probleme und Ängste von Asylbewerbern allgemein – dargestellt. Die Erzählung beginnt mit der erfolglosen Reise der Familie an die kanadische Grenze und der Rückkehr der Schwestern nach New York. Stück für Stück wird dann die Lebenswelt der Hossains aufgeblättert, wobei neben Begebenheiten, Beobachtungen, Erinnerungen und Reflexionen einige Kapitel oder Passagen Hintergrundwissen zur Herkunft, zur politischen Lage und zum Heimatland Bangladesch liefern. Ein kurzer Epilog gibt noch gesondert Auskunft über den politischen Hintergrund der im Roman geschilderten Ereignisse.

Die Erzählung ist von unaufdringlicher Intensität und bezieht ihre Spannung vor allem aus der allmählichen Entwicklung der Personen und ihrer Lebensumstände. Neben der psychologischen Durchdringung des Stoffes reißt das Buch auch eine Fülle von sachbezogenen (geografischen, historischen, politischen, kulturgeschichtlichen) Themen an. Ein Jugendroman, der Mädchen und Jungen gleichermaßen ansprechen wird. In der Oberstufe eignet sich dieses Buch in der amerikanischen Originalausgabe auch als Lektüre für den Englischunterricht.


(Kim, Arbeitskreis Leseerziehung)



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Quelle: https://www.schule-bw.de

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