Buchtipps, Methoden, Konzepte und Projekte rund ums Lesen und Vorlesen bietet der Ideenpool Lesen gegliedert für alle Schularten und auch für den Elementarbereich.


Bücher des Monats Juli 2009

In diesem Monat empfehlen wir folgende Bücher:

Manfred Mai: Europäische Geschichte (ab 13 Jahre)

Andreas Hartmann: Der Herr der Wolken (ab 10 Jahre)

Renate Welsh: Das Vamperl (ab 7 Jahre)

Manfred Mai: Europäische Geschichte

Carl Hanser Verlag, München, 2007
ISBN 978-344620858
240 Seiten, Taschenbuch

Altersempfehlung: ab 13 Jahre

"Von Europa weiß offenbar niemand genaues", schrieb der Vater der Geschichtsschreibung Herodot bereits vor fast 2500 Jahren. Dieser Satz erscheint 2009 immer noch aktuell. Wird vom geografischen Europa gesprochen, dessen natürliche Grenzen aber vor allem im Osten wesentlich unklarer sind als in Afrika, Amerika oder Australien? Auch politisch ist die Europäische Union mit ihren 25 Mitgliedsstaaten seit Mai 2004 noch weit von einer gemeinsamen Regierung entfernt, wo doch ein Staat wie die Schweiz weiter für seine Unabhängigkeit kämpft. Für den Unterricht in den Sachfächern ist man so immer auf der Suche nach einem Buch, das möglichst viele dieser Aspekte abdeckt. Bei der Suche stößt man sehr schnell auf Manfred Mai, den bekannten Autor der Jugendgeschichtswerke ‚Deutsche Geschichte', ‚Deutsche Literaturgeschichte' und ‚Weltgeschichte'. In seinem 2007 veröffentlichten Geschichtsbuch "Europäische Geschichte - Erzählt von Manfred Mai" kann man in 50 Kapiteln die Geschichte des Kontinents mit dem Namen einer griechischen Prinzessin nachlesen.

Unterteilt in jeweils drei bis fünf Seiten durchlebt man einen Streifzug durch 2500 Jahre europäischer Geschichte. Sie beginnt im Alten Griechenland. Mai beschreibt die Kämpfe der verfeindeten Athener und Spartaner und natürlich darf die Schlacht um Marathon nicht fehlen. Von Athen führt der Weg in die ewige Stadt "Rom" und dessen Aufstieg zum Weltreich. In Rom konnte sich dann der christliche Glaube langsam durchsetzen. Aber wie bei allen Weltreichen vorher, war auch das römische Reich ständigen Angriffen seiner Nachbarn ausgesetzt und irgendwann unterlegen. Diese germanischen Stämme waren sich häufig sehr uneinig und erst Frankenfürst Chlodewig schaffte es 500 nach Christus das Frankenreich zu gründen. Aus diesem Gebiet gehen das heutige Frankreich, Deutschland und die Beneluxstaaten hervor. Während in Mitteleuropa Karl der Große an der Macht war, kämpften sich im hohen Norden die Wikinger bis ins heutige Russland vor. Über die Angelsachsen und die vielen Kämpfe im Osten Europas geht es weiter zum "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen". In einigen Kapiteln kann man dann die Ereignisse des Mittelalters mit verfolgen wie die Kreuzzüge und die Spaltung der christlichen Kirchen oder mit großen Denkern wie Leonardo da Vinci bekannt werden. Wieder einmal in Frankreich erhebt sich Ludwig XIV zum Sonnenkönig und erhebt den Absolutismus zur Regierungsform. Über England und das Zarenreich in Russland erlebt Europa das Zeitalter der Vernunft. In Frankreich wächst im Volk so langsam der Unmut über seine Herrscher und der Wunsch nach "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" wird in vielen europäischen Ländern aufgegriffen und führt zum Sturz ihrer Fürsten. In Frankreich erhebt sich ein 1,58 m kleiner General zum Kaiser, Napoleon Bonaparte. Aber auch nach seinem Aufstieg und der Verbannung nach der Niederlage in Waterloo kommt Europa nicht zur Ruhe. Die industrielle Revolution beginnt in England und erfasst sehr schnell den Kontinent. Um die Rohstoffe für die blühende Industrie zu gewinnen expandiert Europa, das Zeitalter des Kolonialismus beginnt. In Deutschland schafft es Otto von Bismarck durch einen erneuten Krieg gegen den Erzfeind Frankreich zu einen. Was folgt sind die wohl düstersten Kapitel der deutschen Geschichte. Der Zeit des ersten und zweiten Weltkriegs schenkt Mai fast 10 Kapitel. Die letzten 4 Kapitel beschäftigen sich mit dem Projekt Europa, wie es sich seit 1945 entwickelt hat.

Eine kleine Länderkunde der Staaten der europäischen Union und derer die noch im Verhandlungsstadium stehen runden das lesenswerte Geschichtsbuch ab.

Mit diesem Buch können Lehrkräfte sowohl für den Geschichts- als auch für den Geographieunterricht Informationen zur Unterrichtsvorbereitung finden. Aber auch Schülerinnen und Schüler erfassen schnell kurze prägnante Informationen zu Eckpunkten der europäischen Geschichte. Ein Buch also, das sich vor allem für den Einsatz von Referaten oder als Nachschlagewerk in der Klassenbibliothek eignet. Die kurzen Kapitel und die klare Sprache helfen auch schwächeren Lesern, sich darin zurechtzufinden.

(ab, Arbeitskreis Leseerziehung)


Andreas Hartmann: Der Herr der Wolken

"rororo Rotfuchs" - Rowohlt Taschenbuch Oktober 2008
ISBN 3-499-21460-1
317 Seiten (gebunden)

Altersempfehlung: ab 10 Jahre

Ein riesiger Raubvogel entführt den kleinen Bauernjungen Tolig aus dem Land Matar weit über das Meer in ein unbekanntes Land. Verschleppt in das Nest des roten Greifes kann er sich jedoch befreien. Kaum ist ihm dies gelungen macht er Bekanntschaft mit den Soldaten der Königin des Landes Bilan. Diese sind unterwegs, um ihrer Herrscherin Dumora eine Feder des Raubvogels zu beschaffen. Als Dumoras Männer erkennen, dass Tolig eine solche schöne rote Feder aus dem Nest bei sich trägt, nehmen sie dem Bauernjungen seine Feder ab. Sie nehmen den Jungen mit in die Hauptstadt, wo er von den Menschen des Landes, den Bilanern, als der lang gesuchte Held gefeiert wird. Er wurde ausgewählt das Land zu retten vor dem Fluch des bösen und mächtigen Magiers Rigul.

Seit nämlich der Magier Rigul den Stein von der Mündung des Wolkensees entfernt hatte, bedroht eine nicht abreißende Kette von Wolken das Königreich. Tolig, der eigentlich nur ein Ziel hat, endlich wieder in sein Heimatdorf zurück zu gelangen, nimmt die Aufgabe an: Er findet den Magier Moguwol aus Bangador und begibt sich mit diesem auf eine lange und gefährliche Reise voller Abenteuer, um Rigul zu besiegen und den See wieder zu verschließen.

Der sprechende Wanderstab und ein Teekessel des unnahbaren und griesgrämigen Magiers begleiten die beiden. Auf ihrer gemeinsamen Wanderung begegnen Tolig und der Magier vielen geheimnisvollen Gestalten: den ängstlichen Hinzlingen, einer geheimnisvollen Pflanzenfrau, einem in der Wüste gestrandeten Seefahrervolk und einer schlafenden Riesin. Nur mit der Kraft der Riesin und Toligs Hilfe gelingt es Moguwol schließlich, den mächtigen Rigul zu besiegen.

Mit der Fantasy-Geschichte "Der Herr der Wolken", seinem ersten veröffentlichten Belletristik-Manuskript, gewann Andreas Hartmann den rotfuchs-Fantasy-Schreibwettbewerb 2007. Die Geschichte ist spannend, phantasievoll und voller Ideen. Der Autor hat seine Figuren sehr detailliert und liebevoll beschrieben. Tolig ist ein aufgeweckter und mutiger Junge. Sein Leben in einem Land, das hauptsächlich von der Landwirtschaft lebt, verlief bisher wenig spannend und so denkt er sich gerne Geschichten aus. Mit dem Erleben seiner Abenteuer gelingt es schnell, sich in den Jungen hineinzuversetzen. Man wird Zeuge beim entstehen einer wunderbaren Freundschaft, die sich durch die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Magier entwickelt und auf den Prüfstand gestellt wird. Um die zahlreichen Probleme in der Geschichte zu meistern sind Verstand und Intuition gefragt. Das wird vor allem auch dadurch spannend, da Moguwol als Magier keine Gewaltanwendung ausüben darf. Ein Magiergesetz, das auch bei Leserinnen und Lesern dieser Altersgruppe zum Nachdenken anregen könnte.

(UP, Arbeitskreis Leseerziehung)


Renate Welsh: Das Vamperl

dtv-junior, 6. Aufl. 2007
ISBN 3-423-07562-7
112 Seiten

Altersempfehlung: ab 7 Jahre
Zuordnung zu den Bildungsstandards: BS 2

Frau Lizzi findet bei ihrer Heimkehr von der Kur einen winzigkleinen Vampir in einem Spinnennetz in ihrer Wohnung. Nach dem ersten Schrecken beschließt sie - nicht zuletzt weil die feindselige Haltung ihrer Nachbarinnen dem kleinen Vampir gegenüber sie abstößt - das Vamperl mit der Flasche aufzuziehen. Natürlich wird der kleine Vampir mit Milch und nicht etwa mit Blut versorgt.

Beim Heranwachsen des Vamperls stellt Frau Lizzi fest, dass ihr kleiner Vampir über eine ganz außergewöhnliche Eigenschaft verfügt: Er kann durch einen Stich in die Galle das Böse aus Menschen heraussaugen, die danach wie verwandelt sind. Als Professor Obermeier, der Direktor des städtischen Krankenhauses, zufällig Frau Lizzi und das Vamperl trifft und von dieser Eigenschaft erfährt, überzeugt er Frau Lizzi, dass das Vamperl zum Wohle aller Menschen im Krankenhaus eingesetzt werden muss. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass das Eingesperrtsein im Krankenhaus für das Vamperl eine Tortur ist, und es siecht regelrecht dahin, bis Frau Lizzi ihr Vamperl befreit und es wieder zu sich nach Hause holt.

Die Menschen haben während Vamperls Abwesenheit wieder jede Menge Gift in ihren Gallen angesammelt und es gibt viel Arbeit für den kleinen Vampir. Kein Wunder, dass Frau Lizzi am Schluss bemerkt: Ein Vamperl ist einfach nicht genug. Solche wie dich brauchen wir viele.

Das Vamperl ist seit Jahren ein Klassiker im Leseangebot vieler Schulen und wird von Kolleginnen und Kollegen gerne am Ende der zweiten oder am Anfang der dritten Klasse gelesen. Renate Welsh ist es in ihrem Buch gelungen, die für Kinder bedrohliche Vampirgestalt zu einer Identifikationsfigur sowohl für Jungen als auch für Mädchen zu machen, die wegen ihrer Größe und ihrer positiven Eigenschaften keine Ängste bei den Schülerinnen und Schülern weckt. Die Beschreibungen des kleinen Vampirs sind sehr anschaulich und Vamperls Reaktionen, zum Beispiel beim Füttern, ähneln denen eines menschlichen Babys: "Der kleine Vampir schluckte und lächelte und schluckte und lächelte. So oft er schluckte, strampelte er mit seinen dünnen, haarigen Beinchen…"

Die Autorin hat an geeigneten Stellen Reime bzw. Lieder in den Text eingebaut. Diese Reime sind durch eine kleinere Schriftgröße kenntlich gemacht. Für die fortlaufende Handlung haben die Reimtexte keine Bedeutung, daher lässt sich im Klassenunterricht sehr gut differenziert mit dem Buch arbeiten: Langsame Leser lassen die klein gedruckten Reime und Lieder aus, während die geübten, schnellen Leser diese mitlesen und eventuell sogar mit einer selbst erfundenen Melodie vortragen können. Frau Lizzis Schlussbemerkung weist auf die Folgebände hin:
* Vamperl soll nicht alleine bleiben und
*Wiedersehen mit Vamperl

Kinder, die sich mit einer Figur - in diesem Fall mit dem Vamperl - identifizieren, wollen oft mehr als ein Buch lesen, was den großen Erfolg der Kinderbuchreihen erklärt. Renate Welsh hat diesem Bedürfnis entsprochen und die oben genannten Folgebände geschrieben, die die Lesemotivation der Kinder befriedigen.

Zusatzmaterialien:

1. Zu dem Buch "Das Vamperl" gibt es ein Unterrichtsmodell von Heidi Oetken zum Download - siehe www.dtv.de/_pdf/lehrermodell/7562.pdf

2. Unter "Lehrer online" steht eine Unterrichtseinheit (elf Stunden) für die dritte Klasse zur Verfügung - siehe www.lehrer-online.de/vamperl.php?sid=45343788056941135624593259325180

3. Im Schroedel Verlag ist das Antolin Lesebegleitheft zum Vamperl von Michael Kirch erschienen (2005).
ISBN: 978-3-507-40882-1.

4. Der Stolz Verlag bietet Literaturblätter zum Vamperl an (2003). Autorin: Karin Pfeiffer, ISBN: 978-3-89778-159-7

5. Im Grin Verlag ist das Buch: "Das Vamperl von Renate Welsh im handlungs- und produktionsorientierten Unterricht" von Wiebke Hoff erschienen (2004).
ISBN: 978-3-638-91947-0

6. Der Verlag an der Ruhr bietet eine Literaturkartei zum Buch an (1995).
ISBN: 978-3-86072-182-7

(Kim, Arbeitskreis Leseerziehung)



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