Buch des Monats September 2012
In diesem Monat empfehlen wir folgende Bücher:
Michael Roher: Oma, Huhn und Kümmelfritz (ab 8 Jahren)
Mirjam Mous: Room 27. Zur falschen Zeit am falschen Ort (ab 13 Jahre)
Michael Roher: Oma, Huhn und Kümmelfritz
Verlag Jungbrunnen, Wien 2012
ISBN 978-3-7026-5843-4
101 Seiten
Altersempfehlung: ab 8 Jahre
Größe: 21,3 x 14,3 cm
Der Kinderbuchautor Michael Roher wohnt in Niederösterreich. Er ist gelernter Sozialpädagoge und kommt aus der spiel- und zirkuspädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Neben dem Schreiben ist das Zeichnen eine seiner Lieblingsbeschäftigungen. So illustrierte er auch das Buch „Oma, Huhn und Kümmelfritz“ mit anregenden schwarz-weißen Tuschearbeiten selbst.
In der Schreibergasse 15, wohnen die Oma Woniafka, ihr Enkel, der Kümmelfritz, und das Huhn, gleich im ersten Stock in einer Wohnung mit den Fenstern zum Hof. Das Huhn wurde eines Morgens von der gutmütigen Oma in einer Kiste neben dem Zeitungsständer gefunden, als der Kümmelfritz gerade mal fünf Jahre alt war. Seither sind das Huhn und der Kümmelfritz die allerbesten Freunde und erleben zusammen so manches Abenteuer. Das Huhn hat zwar eine ziemlich große Klappe, ist recht selbstgefällig und nutzt jede Situation gerne zu seinem eigenen Vorteil, doch der Kümmelfritz, die Woniafka Oma und Kümmelfritzes Freundin Maya lieben das Huhn, denn es hat viele tolle Einfälle und macht das Leben der drei einfach interessanter. Der Kümmelfritz hat ein etwas ungewöhnliches Hobby, denn sein Lieblingsbuch ist, seit er lesen kann, der Weltatlas. Die für ihn lustigsten Städte- und Länderbezeichnungen lernt er seither auswendig und „ruft sie jubelnd aus, wenn er von etwas begeistert ist.“ Herr Lammbauer, ein Jugendfreund der siebzigjährigen Oma, der etwas außerhalb der Stadt auf einem großen Bauernhof wohnt, macht hervorragendes Bio-Apfel-Kompott und kommt ab und zu bei der Oma auf Besuch vorbei.
Die handelnden Personen der Geschichte werden in der Lektüre im Vorwort eingeführt. Auf diese Weise erhalten die Leserinnen und Leser gleich zu Beginn einen Überblick über die Personenkonstellation, was die Verfolgung der nachfolgenden Handlungsstränge erleichtert. Die Erzählung ist in neun in sich abgeschlossene Geschichten unterteilt, wobei in jeder Geschichte entweder der Kümmelfritz oder das Huhn eine wirklich „schräge“ Idee haben und die beiden ein weiteres Abenteuer erleben. Dabei ist das Huhn personalisiert und hat eine Stimme. So feiern die Protagonisten z.B. auf ungewöhnliche Weise den wunderbaren Findungstag des Huhns, campen mit Maya und ihren Eltern einsam im Wald oder gründen zusammen mit „Fritzes neuer Freundin Maya“ die Detektiv-Bande „Kümahu“, die sich der Entführung des Herrn Lammbauer widmet, dabei aber eine große Überraschung erlebt. Auf einmal hat das Huhn nach einem außergewöhnlichen Spaziergang die „Salamikrippe“ oder „Huhnfuzius“ hilft dem Fritz auf seltsame Weise bei den Mathehausaufgaben… Bei Kümmelfritz und dem Huhn ist immer was los!
Die fiktive Erzählung dient der Unterhaltung und eignet sich aufgrund der in sich abgeschlossenen Einzelgeschichten ideal als Vorlesebuch im Primarbereich für regelmäßige und verlässliche Vorlesezeiten. Dabei lädt der auktoriale Erzähler mit seiner heiteren und leicht ironischen Sprache zum Lachen, Schmunzeln und Staunen ein und bringt Abwechslung in den Schulalltag. Ferner eignet sich die humorvolle Erzählung zum selbstständigen Lesen als z.B. Teil einer Klassenbibliothek. Für deutschsprachige Kinder evtl. unbekannte Wörter aus dem Österreichischen werden im Glossar erklärt, was den Kindern das inhaltliche Verständnis erleichtert. Beschreibungen aus der modernen Alltagswelt laden die Kinder zur Identifikation ein. Und schlussendlich regt das ungewöhnliche Hobby von Kümmelfritz vielleicht die ein oder andere Leserin oder den ein oder anderen Leser zur geografischen Recherche an.
(rs, Arbeitskreis Lesen)
Mirjam Mous: Room 27. Zur falschen Zeit am falschen Ort
Arena Verlag, Januar 2012
ISBN -13: 978-3401066820
244 Seiten
Altersempfehlung: ab 13 Jahre
„Sie glauben, dass ich jemanden umgebracht habe. Die Vorstellung allein ist schon so lächerlich, dass sie fast witzig wäre, würde ich nicht in einer Gefängniszelle hinter echten Gittern sitzen, als wäre ich eine Art Dr. Hannibal Lecter. Aber in Wirklichkeit habe ich weder einen Schulabschluss noch einen akademischen Titel und es steht auch noch in den Sternen, ob ich überhaupt studieren will.“ Mit den drei ersten Sätzen aus Room 27 ist der Handlungskern dieses äußerst gelungenen Romans schon verraten: Der 16-jährige Fin van Toor steht unter dringendem Mordverdacht und befindet sich deshalb im Gefängnis – und das auch noch im Ausland. Er hat die Tat nicht begangen, doch es gibt zahlreiche Beweise, die das Gegenteil belegen.
Eigentlich wollte der niederländische Schüler in seinen Sommerferien mit seinem großen Bruder Martijn eine Wanderung durch Spanien machen, wo dieser lebt. Doch als sein Bruder die gemeinsame Tour kurzfristig absagen muss, beschließt Fin, alleine loszuziehen – und das, obwohl er nicht einmal Spanisch spricht. Dabei lernt er die faszinierende Val, in die er sich sofort verliebt, und deren Bruder Stefano kennen. Die beiden sind ebenfalls mit dem Rucksack unterwegs und Fin schließt sich ihnen an. Während der gemeinsamen Reise häufen sich einige merkwürdige Vorfälle, so wird Fin in die undurchsichtigen Geschäfte der beiden eingebunden oder wird Teil einer ausgeklügelten Inszenierung, um die Restaurant-Rechnung nicht bezahlen zu müssen. Obwohl Fin dies durchaus wahrnimmt, bleibt er mit den Geschwistern zusammen – Vals Anziehungskraft auf ihn ist einfach zu groß. Die Reise nimmt jedoch ein jähes Ende für Fin: Als er auf Vals Bitte hin einem anderen Hotelgast seinen Geldbeutel in Zimmer 27 bringen möchte, findet er die Frau ermordet vor und wird unter Mordverdacht festgenommen. Während des Verhörs mit Inspektor Perez begreift Fin, dass er von Val und Stefano hereingelegt wurde, doch die Beweise scheinen eindeutig und es ist nicht einfach für den 16-Jährigen, die spanische Polizei von seiner Unschuld zu überzeugen.
Abgesehen von der spannenden Handlung und der natürlichen, ansprechenden Sprache zeichnet sich dieser Roman durch seine interessante Erzählweise aus. Fin, der Ich-Erzähler, springt immer wieder von der gegenwärtigen Zeitebene – er befindet sich da auf der spanischen Polizeiwache – in die Vergangenheit, um den Leserinnen und Lesern nach und nach zu eröffnen, wie es zu der aktuellen Situation kommen konnte. So erfährt man auch, was hinter den Beweisen steckt und versteht dennoch, wie das Ganze auf den durchaus sympathischen Inspektor wirken muss. Die Einschübe aus der Vergangenheit rücken immer näher an die Gegenwart heran, bis sich die beiden Ebenen schließlich am Ende des Buches treffen.
Als Leserin oder Leser hofft man mit Fin, der durch seine Naivität und Verliebtheit in solche Schwierigkeiten gerät, dabei aber erstaunlich tapfer bleibt und doch zu jedem Zeitpunkt glaubwürdig ist. Der Ernst der Lage für den Jungen wird deutlich, dennoch macht das Buch aber auch einfach Spaß, was einerseits an Fins immer wieder ironischen Kommentaren liegt, andererseits aber auch daran, dass die Geschichte so spannend erzählt ist.
(sw, Arbeitskreis Lesen)