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Buch des Monats Mai 2013

Marie-Aude Murail: Blutsverdacht (ab 13 Jahre)


Marie-Aude Murail: Blutsverdacht

FISCHER KJB, August 2012
ISBN-10: 3596854512
254 Seiten
Altersempfehlung: ab 13 Jahre

Marie-Aude Murails Roman „Blutsverdacht“ ist ein klassischer Thriller, der ebenso spannend wie durchdacht ist und die Leserinnen und Leser nach einem spektakulären, aber glaubwürdigen Showdown zufrieden entlässt.

Ruth Cassel ist 14 und Halbwaise. Sie lebt mit ihrer fünfjährigen Schwester Bathseba und ihrem Vater Martin in Bordeaux, ihre Mutter ist vor vier Jahren gestorben. Die Vierzehnjährige liebt ihre Schwester sehr und kümmert sich rührend um die Kleine.
Als sie eines Tages ihrer Freundin Deborah von ihrer Mutter erzählt, entdecken die beiden Mädchen eine Ungereimtheit auf dem alten Klassenfoto ihrer Eltern: Es scheint, als ob ihr Vater dort mit ihrer Tante, der Zwillingsschwester ihrer Mutter, Händchen hält und nicht mit seiner späteren Frau. Ihren Vater kann Ruth nicht fragen, da sie ohnehin wenig mit ihm spricht und da die Mutter bei ihnen zuhause kein Gesprächsthema ist. Um Klarheit zu bekommen laden die Mädchen das Klassenfoto auf einem Internetportal namens „aus-den-augen-verloren.com“ hoch und geben sich als Ruths Vater aus, wofür sie eine Mailadresse auf seinen Namen anlegen. Ruth hat Zweifel daran, dass sie durch dieses Portal jemanden erreichen würden, doch schon bald kommen erste Reaktionen: Von der ehemaligen Lehrerin ihrer Eltern, einem Mitschüler namens Guy Dampierre, einer Mitschülerin namens Alice Meyzieux und sogar von Ruths Großvater, dem Vater ihrer Mutter, den sie nie kennengelernt hat. Die Informationen, die sie durch diese Antworten erhält, sind jedoch alles andere als beruhigend: Offensichtlich ist ihre Tante als Schülerin nicht einfach ertrunken, wie Ruth glaubte, sondern ermordet worden und ihr Vater stand damals wohl unter Mordverdacht! Selbst Ruths Großvater scheint auch heute noch an Martin Cassels Schuld zu glauben, obwohl damals ein Mann verhaftet wurde, Georges Belhomme. Ruth weiß nicht mehr, was sie glauben soll. Schließlich verschwindet auch noch Alice Meyzieux, ihr Vater wird wieder verdächtigt und ihre kleine Schwester gerät in große Gefahr…

Dass es in diesem Jugendbuch um ein Kapitalverbrechen geht, um Mord, und nicht um ein harmloses Verbrechen, wie es in der Jugendliteratur häufig der Fall ist, wird das Interesse vieler Leserinnen und Leser sicherlich wecken. Zudem schärft der Roman ganz nebenbei den Blick dafür, dass in der virtuellen Welt vieles nicht so ist, wie es zu sein scheint, und spricht durch den realistischen Einsatz der modernen Medien und bekannter Internetportale wie facebook und MSN die jüngeren Generationen sicherlich an. Auch die Themen Familie und Freundschaft werden behandelt und regen in ihrer Darstellung die Leserinnen und Leser zur Reflexion ihrer eigenen Beziehungen an. Die Charaktere, in deren Gefühlswelt man durch die wechselnde personale Erzählperspektive Einblick bekommt, sind realistisch und interessant gezeichnet und ermöglichen so schnell einen Zugang zur Geschichte. Besonders hervorzuheben ist, dass es der Autorin gelingt, medienkritische Aspekte oder auch die Wirkung von Sprache und Rechtschreibung anzusprechen, ohne zu dick aufzutragen und den moralischen Zeigefinger zu erheben. In Bezug auf thematisierte Rechtschreibfehler in den Mails der Jugendlichen verliert der Roman durch die Übersetzung zwar ein klein wenig an Überzeugungskraft – wer die französische Variante jedoch nicht kennt, wird sich vermutlich nicht allzu sehr daran stören.

(sw, Arbeitskreis Lesen)



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