Rebecca Gugger: Der Berg
Verlag: NordSüd 2021 ISBN-13:978-3314105623 Gebunden: 48 Seiten Altersempfehlung: ab 4 Jahren Bilderbuch
Mit „Der Berg“ haben die Schweizer Gugger und Röthlisberger ein Bilderbuch geschaffen, das die Möglichkeit bietet, bereits mit jüngeren Zuhörerinnen und Zuhörern sowie Lesenden, die Leitperspektive des Bildungsplans „Toleranz und Vielfalt“ umzusetzen. Verschiedene Tiere, die Protagonisten des Buches, beschreiben ihre Sicht auf ein und denselben Berg, die jedoch unterschiedlicher nicht sein könnte. Erst ein Perspektivwechsel zeigt das wahre Gesicht des Berges. Der Textumfang ist überschaubar. Jedes der sechs Tiere beschreibt in wenigen kurzen Sätzen, wie es den Berg sieht: Für das Schaf ist er eine Wiese, für den Bären ein Wald, für die Ameise ein dunkles Labyrinth, für den Oktopus ist er nass und von Wasser umgeben. Auch die Gämse und der Schneehase kommen zu Wort. Da jeder von etwas anderem überzeugt ist, geraten die Tiere in Streit. Auf den Impuls eines Zugvogels hin machen sie sich auf den Weg, um den Berg vom Gipfel zu betrachten und zu überprüfen, wer recht hat. Dabei erleben sie alle am Ende der Geschichte eine Überraschung. Das Buch ist mit eindrücklichen Bildern illustriert. Zu Beginn wird auf einer Seite das neue Tier eingeführt und es benennt sein Erleben des Berges. Auf der Doppelseite, die folgt, sind detailreiche Bilder entstanden, die die vorangegangene Beschreibung visualisieren. Der letzte Teil des Buches zeigt die Wanderung der Tiere auf den Gipfel des Berges und den Blick, den sie von dort haben. Das Buch endet mit einer Illustration, welche die Vogelperspektive darstellt und über den „eigenen“ Berg hinausblickt. Die Geschichte ist kurz und eindrücklich erzählt und führt die Tiere von ihrer individuellen Erfahrung hin zu einem gemeinsamen Erleben und Erkennen. Das Buch bietet eine wundervolle Anregung, auch in anderen Dingen einen Perspektivwechsel vorzunehmen und über den eigenen Tellerrand zu schauen. Häufig gibt es im Leben nicht die eine Wahrheit oder den einen Weg. Das Buch bietet einen motivierenden Anlass, um im Unterricht mit den Schülerinnen und Schülern über Toleranz, Vielfalt und das Überdenken eigener Haltungen zu philosophieren. Im Sinne des integrativen Deutschunterrichts kann das Buch des Weiteren dazu verwendet werden, um das Themenfeld Adjektive zu erschließen bzw. zu erweitern. In den Beschreibungen des Berges kommen vielfältige Adjektive vor, außerdem werden verschiedene Gefühlsadjektive in die Erzählung eingebunden. Beim Zuhören und Lesen steigt die Spannung, wie der Berg tatsächlich aussieht. Es bietet sich an, das Lesen zu unterbrechen, bevor das Geheimnis gelüftet wird. Anfang Klasse 1 können die Kinder eigene Vorstellungen des Berges als Bild darstellen. Können die Schülerinnen und Schüler schon schreiben, kann ein eigenes Ende verfasst werden. Bei der Begegnung mit dem Originalschluss werden die Kinder aufmerksam mitverfolgen, ob sie den gleichen Gedanken wie die Autoren hatten. Als kleine Zuhörübung können Kärtchen mit den Tiernamen oder Tierbildern von den Kindern nach dem Lesevortrag in die richtige Reihenfolge gelegt werden. Die Kärtchen können auch als Gerüst für eine Zusammenfassung des Inhalts durch die Schülerinnen und Schüler dienen. Darüber hinaus wird das Buch in der Edition bi:libri in zweisprachigen Ausgaben angeboten. So gibt es z.B. eine deutsch-englische Version. Bei Kauf erhält man zudem einen Downloadcode für das MP3-Hörbuch, das in Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Spanisch und Türkisch vorliegt.
Einblick in Beispielseiten © Edition bi:libri/Hueber Verlag
Beispiel: Mp3 Hörbuch in deutscher Sprache , in englischer Sprache © Edition bi:libri/Hueber Verlag
C.S. Ideenpool Lesen
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Jack Meggitt-Phillips: Biest & Bethany (Band1) - Nicht zu zähmen
Untertitel: Eine ungeheuerliche Freundschaft
Verlag: Loewe 2021 Illustratorin: Isabelle Follath Übersetzer/in: Ulrich Thiele ISBN-13: 978-3743210813 Gebunden : 272 Seiten Altersempfehlung: ab 9 - 12 Jahren Jugendbuch / Roman
Der erste Band der Reihe „Biest & Bethany“ Jack Meggitt-Phillips, der in London lebt und arbeitet, schafft es, den Leser / die Leserin von der ersten Seite an zu fesseln, auch wenn es Ähnlichkeiten zu bereits existierenden literarischen Figuren gibt: die menschenfressende Pflanze Audrey aus „Der kleine Horrorladen“ er-innert an Biest. Der Protagonist Ebenezer kommt auch in Dickens Weihnachtsgeschichte vor und hat Züge von Oskar Wildes Dorian Gray. Bethany, das freche Waisenmädchen lässt Parallelen zu „Ich – Einfach unverbesserlich“ erkennen.
„Ebenezer Tweezer war ein schrecklicher Mensch, sein Leben aber war wunder-voll.“ Mit diesem Satz beginnt das Jugendbuch, der Leser / die Leserin lernt die Hauptfigur sofort kennen und lieben. Kurz vor seinem 512. Geburtstag stehend, wirkt er wie ein Zwanzigjähriger. Er teilt sein Haus mit einem Monster, das unersätt-lich ist und ständig neue, ausgefallene Speisen verlangt. Als Gegenleistung gibt das Biest Ebenezer Zaubertränke, um ewig jung zu bleiben. Sie leben seit Jahrhunderten friedlich und sich ergänzend zusammen, bis das Biest plötzlich Hunger bekommt und ein Menschenkind verlangt. Ebenezer findet das Waisenmädchen Bethany und denkt, den Wunsch erfüllt zu haben. Skrupel oder moralische Bedenken hat er keine, weil Bethany ein unerzogenes und freches Kind zu sein scheint. Überraschenderweise entwickelt sich eine unerwartete Freundschaft zwischen Ebenezer und dem Mädchen, während das Biest noch immer Hunger hat…
Egal ob Ebenezer, der ein Kind verfüttern will, oder Bethany, die zum Fressen werden soll, der Leser / die Leserin mag beide Figuren. Bethany ist einsam, seitdem ihre Eltern bei einem Brand ums Leben kamen. Um ihre Einsamkeit zu überspielen, denkt sie sich Streiche aus und ist verhaltensauffällig. Ebenezer ist abhängig vom Biest. Er hat in über 500 Jahren verlernt zu leben, hat keine Freunde oder sozialen Kontakte, muss aber die immer größer werdenden Wünsche der bei ihm lebenden Kreatur erfüllen, um seinen Trank zu bekommen.
Es macht Spaß, die Geschichte zu lesen, es ist lustig, stimmt nachdenklich und ist gleichzeitig makaber. Vor allem macht es Spaß, teilzuhaben an der Annäherung Bethanys und Ebenezers. Spannend bleibt es dabei die ganze Zeit, weil man nicht weiß, wie das Monster auf die neue Freundschaft reagiert. Geeignet ist das Buch ab etwa neun Jahren, die Kinder sollten bereits ein gewisses Maß an Humor verstehen.
Durch die Aufteilung in 22 Kapitel ist es für Kinder gut geeignet, in Etappen gelesen zu werden. Es ist denkbar, die Lektüre, auch kapitelweise, in der Schule einzuset-zen, um die Begeisterung fürs Lesen zu wecken. Da die Sätze leicht verständlich sind und die Schrift dem Lesealter angemessen, ist die Lektüre auch für wenig lesende Kinder gut geeignet, zumal die Schwarz-Weiß-Illustrationen den Text sehr gut ergänzen und den witzigen, oft zynischen Ton, der kindgerecht ist, genau treffen.
Eine Leseempfehlung, vor allem für kleine (und große) Leseratten, die Lust auf etwas Spannendes und Lustiges haben. Im Frühjahr 2022 soll der zweite Band er-scheinen, was das Warten nicht so lang macht.
Einblick in Beispielseiten ©: Text © Jack Meggitt-Phillips, 2020. Illustrationen © Isabelle Follath, 2020. Für die deutschsprachige Ausgabe © 2021 Loewe Verlag GmbH, Bindlach
M.S. Ideenpool Lesen
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