Übergang

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ÜBERGANGSDIAGNOSTIK

Diagnosebasierte Übergangsentscheidungen ergeben sich an mehreren Stellen einer Schülerbiografie. Auf dieser Seite geht es um den Übergang aus der Sprachfördermaßnahme in den Regelunterricht. Dieser erfolgt meist im teilintegrativen Modell, sodass in der Übergangsdiagnostik die Eignung von Lernenden für die Teilnahme an ausgewählten Fächern oder Fächergruppen zu erheben ist. Eine fundierte Übergangsdiagnostik kann Frustrationserlebnissen vorbeugen und ein mögliches Scheitern in „Probezeiten“ vermeiden helfen. Gerade bei leistungsstarken Lernenden, die sich aufgrund ihrer Kompetenzen bisher als erfolgreich erlebt haben, kann eine nicht gut angepasste Integration zu nicht gewünschter Stagnation und Rückschritt führen.

Bei Entscheidungen für den Übergang und die dazugehörige Diagnostik sind die Voraussetzungen der Lernenden, aber auch das schulische Angebot zu berücksichtigen:   

image/svg+xml INDIVIDUELLE ÜBERGANGSFAKTOREN DER LERNENDEN INSTITUTIONELL-SCHULISCHE ÜBERGANGSFAKTOREN VORBEREITUNGSKLASSE REGELUNTERRICHT Sprachstand , Sprachlernerfahrung, die für die Teilintegration in bestimmte Fächer oder für die vollständige Integration notwendig sind fachlicher und methodischer Lernstand, Vorkenntnisse, die für die Integration in bestimmte Fächer notwendig sind Teilintegration in bestimmte Fächer oder für die vollständige Integration notwendig sind Leistungsfähigkeit , und - bereitschaft, schulische Vorerfahrungen, Resilienzfaktoren Umfang, Art und Qualität des Förderangebots als Vorbereitung auf den Regelunterricht Umfang, Art und Qualität des additiven Angebots in der Anschlussförderung je nach Ressourcen und Konzept Umfang, Art und Qualität des Angebots in der integrierten Förderung im sprachsensiblen Fachunterricht Schulart, Jahrgangsstufe und Anforderungen in den einzelnen Fächern Umfang, Art und Qualität des Angebots einer kontinuierlichen Begleitung bei institutioneller Einheit oder Verschiedenheit von Vorbereitungsklasse und Regelunterricht, in den integriert wird Abb.: individuelle und schulische Übergangsfaktoren

Aus der Übersicht wird zum einen deutlich, dass an der diagnostischen Station des Übergangs in den Regelunterricht mehr als nur der Sprachstand erhoben werden muss. ResilienzfaktorenResilienz: (lateinisch resilire: zurückspringen, abprallen) innere Widerstandsfähigkeit, durch die Menschen Krisensituationen bewältigen. Siehe auch personale und soziale Schutzfaktoren in: Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit – Grundlagen und Anregungen für die Spracharbeit, S. 52  sowie fachliche und methodische Kompetenzen der Lernenden müssen für den Übergang ebenfalls beachtet werden.

Zum anderen spielt auch eine Rolle, wie das Förderangebot nach dem Übergang von der Schule gestaltet wird. Werden leistungsstarke und leistungsmotivierte Schülerinnen und Schüler in einen durch Fördermaßnahmen zuverlässig begleiteten Regelunterricht integriert, sind die Voraussetzungen für einen möglichst zügigen und sicheren Übergang günstig. Der wertvolle Entwicklungs- und Motivationsschub durch den Regelunterricht in der Stammklasse kann schon früh genutzt werden – auch wenn die Diagnose noch sprachliche Hürden oder fachliche Lücken zeigt. Es gilt also Schritt für Schritt ein Anschlusskonzept zu erarbeiten, das eine optimale Begleitung ermöglicht. (s. Anschlussförderung nach der Vorbereitungsklasse. Empfehlungen für additive, nachgehende Sprachförderangebote zur Integration in den Regelunterricht).

Ein an alle Schülerinnen und Schüler gerichtetes Sprachbildungskonzept sollte das langfristige Ziel sein.
Individuelles bildungssprachliches Fördern und Fordern sollte nicht abhängig sein von Herkunft. Für neu Zugewanderte schafft man mit einem übergreifenden Sprachbildungskonzept auch weit über die unmittelbare Integrationsphase hinaus Unterstützung.

Eine umfangreiche Orientierungshilfe für pädagogische Übergangsgespräche und dort relevante schulische Kompetenzen und Fragestellungen bietet Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit. Grundlagen und Anregungen für die Spracharbeit in der VKL, in Kap. 4: Orientierungshilfe Übergang.
Für die Erhebung der für die Übergangsdiagnostik relevanten Kompetenzen Leistungsstarker und Leistungsmotivierter werden folgende Materialien und Maßstäbe herangezogen:

  • Sprachstands- und Sprachentwicklungsdokumentation des Portfolios und - falls geführt - der Schülerakte
    • orientiert am Aufbauniveau des Curriculums;
    • orientiert an den fachsprachlichen und methodischen Anforderungen der jeweiligen Jahrgangsstufe, die im Austausch mit den Fachlehrkräften deutlich werden;

  • fachliche und methodische Lernstandsdokumentation aus Portfolio und z. B. 2P
    • orientiert an den jeweiligen Bildungsplänen;
    • orientiert an den fachlichen und methodischen Anforderungen der jeweiligen Jahrgangsstufe, die im Austausch mit den Fachlehrkräften deutlich werden;

  • Resilienzfaktoren, die aus dem PortfolioPortfolio(lat. portare: tragen und folium: Blatt) Sammelmappe für Arbeiten, z. B. Schreibprodukte, die Schülerinnen und Schüler sammeln und an denen Lernprozesse und Lernergebnisse abgelesen werden können. Sie sind Gegenstand der Reflexion in Lernentwicklungsgesprächen mit den Lernenden. und der Dokumentation der Selbst- und Fremdeinschätzung in den Lerngesprächen hervorgehen.

BLITZLICHT IN DIE PRAXIS

PAUL-KLEE-GYMNASIUM, ROTTENBURG

Übergangsdiagnostik

„Der Übergang in eine Regelklasse erfolgt über eine stufenweise Teilintegration. In der Regel besuchen unsere Schülerinnen und Schüler von Schuljahresanfang bis zu den Herbstferien bzw. über einen Zeitraum von ca. 2 Monaten ausschließlich die Vorbereitungsklasse. Unsere Vorbereitungsklasse erhält entsprechend des Fachlehrerprinzips 11 Std. Deutsch, 2 Std. Englisch, ...
2 Std. Mathematik, 2 Std. Naturwissenschaft, 4 Std. Gemeinschaftskunde (= Demokratiebildung), 2 Std. Bildende Kunst und 2 Std. Theater (= Deutsch „in anderem Gewand“).
Die Fachstunden dienen dazu, den Wissensstand und das methodische Vermögen der Schülerinnen und Schüler im jeweiligen Fach über einen längeren Zeitraum zu ermitteln, und zwar von  Fachkolleginnen und -kollegen, und damit neben den geschilderten Diagnoseergebnissen weitere Grundlagen für Entscheidungen zu Art und Umfang der Teilintegration zu gewinnen. Zu den Herbstferien hin werden die Beobachtungen und Leistungseinschätzungen der VKL- Fachkolleginnen und -kollegen eingeholt, auf deren Grundlage der erste Schritt in die Teilintegration geplant wird. Hierzu gehören auch Einschätzungen zu Resilienzfaktoren, die im VKL-Unterricht neben Sprache, Fachinhalt und Methodik ebenfalls geschult werden. Dafür werden Herkunftssprache, bisherige Schulerfahrungen und Kenntnisse sowie Wünsche und Vorstellungen der eigenen Lebensplanung mit einbezogen. Durch kooperative Lernformen und Rituale wird eine Gemeinschaft aufgebaut und gepflegt, um den Schülerinnen und Schüler ein erstes Netzwerk zu bieten, in dem sie sich über ihre Schwierigkeiten austauschen und gemeinsam Lösungen finden können. Um Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein auf-/auszubauen ist die Lehrersicht auf das, was die SuS schon können, wesentlich und notwendig, da sie nur so einerseits in ihren Fähigkeiten bestärkt und andererseits dazu ermutigt werden können, schwierige Anforderungen zu bewältigen oder auch Misserfolge zu überwinden. In diesem Zusammenhang spielen bei der Planung der Teilintegration auch Eigenmotivation und Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler eine Rolle. Sie werden gefragt, welche Fächer sie besuchen möchten und sich selber zutrauen.“

Isabel Platz, Leitung und Koordination der Vorbereitungsklasse, Multiplikatorin „Quo vadis?“

 

Zur Organisation eines gut kommunizierten Übergangs in den Regelunterricht sind  Übergabeprotokolle hilfreich.


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ANSCHLUSSFÖRDERUNG - WIE GEHT ES WEITER?

Zu einem Sprachbildungskonzept gehört auch die Kontinuität der Förderung über die Vorbereitungsklasse hinaus, wenn die Kinder und Jugendlichen bereits in den Regelunterricht vollständig integriert sind. Eine Anschlussförderung einzurichten ist notwendig, da ...

  • der Unterricht der Vorbereitungsklasse nicht auf die vielen möglichen individuellen Anschlusssituationen an den Regelunterricht vorbereiten kann;

  • präzisere individuelle Förderbedarfe bezüglich der fach- und bildungssprachlichen Anforderungen erst beim Besuch des Regelunterrichts entstehen und in dessen Kontext bearbeitet werden müssen;

  • es aus lernpsychologischen und sozialen Gründen vorrangiges Ziel ist, die Lernenden so schnell wie möglich in den Regelunterricht zu integrieren. Die dortigen authentischen, unmittelbaren unterrichtlichen Lernanlässe bewirken einen großen und fachlich zielführenden Lernzuwachs. Die höhere Kontaktzeit mit den Regelschülerinnen und -schülern führt auch im ungesteuerten Spracherwerb außerhalb des Unterrichts zu Fortschritten. Diese Phase ist seitens der Lernenden mit umfangreichen Anforderungen und sehr großen Anstrengungen verbunden, die zielgerichtet begleitet und professionell unterstützt werden müssen;

  • manche neu eingewanderten Lernenden zwar aufgrund ausreichender sprachlicher und fachlicher Vorkenntnisse ohne den Besuch einer Vorbereitungsklasse integriert werden können, sie aber dennoch an die Anforderungen des für sie neuen Bildungssystems fachsprachlich und lerntechnisch herangeführt werden müssen;

  • eine individuelle Anschlussförderung innerhalb des Fachunterrichts im Sinne eines sprachsensiblen Fachunterrichts aus unterschiedlichen Gründen in vielen Fällen noch nicht flächendeckend möglich ist.


Diese Anschlussförderung wird in weiteren Empfehlungen aufgegriffen: Anschlussförderung nach der Vorbereitungsklasse. Empfehlungen für addi­tive, nachgehende Sprachförderangebote zur Integrati­on in den Regelunterricht nimmt diesen Förderbedarf hauptsächlich durch Zusatzangebote in den Blick.

Dies ist notwendig, um den vielen Schulen Hilfestellung anzubieten, die keine eigene Förderung durch VKL im Haus haben. Sie nehmen Lernende aus Vorbereitungsklassen anderer Schulen oder ohne vorherige sprachliche Förderung auf (s. Abb. Ausgangslagen für eine Anschlussförderung) und haben die Aufgabe, ihnen den Anschluss an den Regelunterricht durch geeignete Sprachförderung zu ermöglichen.


Viele der im Projekt Wege_InWege_InDas Projekt „Weiterentwicklung von Sprachfördermaßnahmen zur gelingenden schulischen Integration von neuzugewanderten Kindern und Jugendlichen“ (Wege_In) setzt in der Unterstützung von Schulen bei der Gestaltung und Durchführung von Vorbereitungsklassen (VKL) auf Transfer durch Kooperation von Wissenschaft, Fortbildung und Praxis. Das IBBW und das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) arbeiten dabei Hand in Hand unter der Federführung des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport. beitragenden ProjektschulenProjektschulenInnerhalb des Projekts Wege_In haben Projektschulen der Teilprojekte „Förderung von schulunerfahrenen und nicht-alphabetisierten Schülerinnen und Schülern (VKL FIT)“ und „Förderung leistungsmotivierter und leistungsstarker Schülerinnen und Schüler (VKL LEIF)“ ihre Expertise in die Empfehlungen eingebracht und werden auch an ihrer Weiterentwicklung mitarbeiten. Die Schulen werden ab dem Schuljahr 2018/19 mit bis zu 10 LWS gefördert, um Konzepte auszuarbeiten und umzusetzen. denken die beiden Phasen der Vorbereitungsklasse und der Anschlussförderung von vorneherein zusammen, da sich gerade bei Leistungsstarken ja schon von Beginn an ein starker Bezug zum Regelunterricht herstellt und nicht erst nach dem Besuch der Vorbereitungsklasse. Die Empfehlungen für die Anschlussförderung beziehen sich auf alle allgemein bildenden Schularten mit Lernenden aller Leistungsprofile. Sie sind daher auch in der Fortsetzung der hier vorliegenden Empfehlungen für Leistungstarke und Leistungsorientierte als Orientierungshilfe bei der weitergehenden Konzepterstellung der Förderung geeignet.

Für die leistungsstarken und leistungsmotivierten Lernenden der Anschlussförderung bleiben für organisatorische und didaktische Entscheidungen folgende Leitgedanken wichtig:

  • Fördern und Fordern gemäß ihres individuellen Leistungsprofils;

  • aktives und produktives Aufgreifen ihres Vorwissens und ihrer Stärken auch durch die Lehrkräfte im Regelunterricht und der gegebenenfalls neuen Förderlehrkräfte;

  • Wahrnehmung und Wertschätzung ihrer Fortschritte, hier besonders auch im Bezug zu guten Schülerinnen und Schülern der Regelklassen;

  • kognitiv anspruchsvolle und herausfordernde Aufgaben;

  • starker Fokus auf den Aufbau des fach- und bildungssprachlichen Registers;

  • Förderung ihrer Selbstwirksamkeit und der Selbststeuerung des Lernens durch Strategien und Selbstreflexion;

  • Rücksicht auf ihre Belastbarkeit.

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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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