Wechselspannung und "Drehstrom".
Vielleicht wunderst Du Dich, dass vier Leitungen zum Haus führen, eigentlich müssten doch eine Hin- und eine Rückleitung, also zwei Leitungen genügen!
Dann hört man davon, dass die Spannung im Haushalt 230 V ist. Manchmal ist auch von 400 V die Rede, dann spricht man von "Kraftstrom", "Drehstrom" oder "3-Phasen-Strom"- aber was ist das eigentlich?
Probiere die Aufgaben durch, dann wirst Du verstehen, was Drehstrom ist.
Dazu muss Dein Computer allerdings Java und Javascript wiedergeben können.
Der Generator im Kraftwerk:
1.) Fragen und Aufgaben:
1.)
Wähle zunächst als Frequenz 50 Hz und als Anzeigeoption "Nur Spule 1" aus (Grundeinstellungen).
Klicke auf "Rotieren". Der Stabmagnet dreht sich über der Spule. Beobachte die Animation und das "Oszillogramm" rechts.
- Wie steht der Stabmagnet, wenn die Spannung in der Spule ihren größten positiven Wert erreicht?
- Wie steht der Stabmagnet, wenn die Spannung den größten negativen Wert erreicht?
- Wie steht der Stabmagnet, wenn die Spannung den Wert 0 hat?
Bis jetzt hast Du eine normale (einphasige) Wechselspannung erzeugt.
2.)
Bei einem Drehstromgenerator im Kraftwerk wird die Spannung nicht in einer Spule, sondern in drei Spulen "erzeugt" (induziert), die um einen Winkel von 120° gegeneinander versetzt sind.
Um zu sehen, was dabei passiert, wähle nun im Feld "Anzeige" die Darstellung "Spule 1 und 2" aus.
Wenn Dir die Darstellung für eine Beobachtung zu schnell geht, dann kannst Du die Frequenz auch auf 25 Hz verkleinern (Auswahlfeld Frequenz).
- Wann erreicht die Spannung in Spule 2 ihren positiven und ihren negativen Maximalwert?
- Welchen Wert hat die Spannung in Spule 1 in diesen Augenblicken?
Du hast bestimmt gesehen, dass die beiden Sinuskurven, die das "Auf- und Ab" der Spannung darstellen, gegeneinander verschoben sind. Die grün dargestellte Spannung aus Spule 2 erreicht ihr Maximum (die "Scheitelspannung") zeitlich später.
Man sagt, diese Spannung ist der anderen um 120° phasenverschoben. Daher spricht bei den einzelnen Spannungen auch von den verschiedenen Phasen.
3.)
Nun kommt noch die dritte Spule hinzu, die drei Spulen sind jeweils um 120° gegeneinander versetzt.
Wähle dazu in der Anzeigeauswahl "Alle drei Spulen" aus und wähle als Frequenz 25 Hz, damit Du gut beobachten kannst, was passiert.
- Gibt es irgendeinen Augenblick, in dem alle drei Spannungen zusammen maximal sind?
- Gibt es irgendeinen Augenblick, in dem alle drei Spannungen zusammen null sind?
2.) Warum vier Leitungen ins Haus führen...
Sicher hast Du erkannt, dass es in der Animation oben vier Leitungen gibt, die Leitungen L1, L2 und L3.
Man nennt sie die unterschiedlichen "Phasen" der Zuleitung. Früher hat man die Phasen auch mit den Buchstaben R, S und T bezeichnet.
Eine Sonderrolle hat der Neutralleiter (früher auch "Nullleiter" genannt) - er ist allen Spulen gemeinsam.
Heute nennt man diesen geerdeten Neutralleiter auch noch PEN-Leiter (protective, earth, neutral - Leiter). Also einen Schutzleiter (protective), der geerdet ist (earth) und "neutral" ist, also keiner der Phasen irgendwie zugeordnet ist.
Das sind auch die vier Leitungen, die ins Haus führen.
Ein Gerät (hier durch Lampen dargestellt) wird meist nur zwischen einer Phase (z.B. L1) und dem Neutralleiter angeschlossen. So ist es z.B. auch beim Elektroherd, er hat im Sicherungskasten meist drei Sicherungen - für jede der drei Phasen eine. |
.. und die Leitungen Zuhause. Abb. 2 |
3.) Wird die Rückleitung nicht zu stark belastet?
Die Rückleitung - der Neutralleiter - ist für alle drei Phasen gemeinsam. Er wird im Haus dann auch noch mit Erde verbunden.
Statt drei Rückleitungen zu verwenden, bündelt man sie zu einer.
Wird diese Rückleitung nicht zu stark belastet?
Das Gegenteil ist der Fall!
Nun kommt noch ein etwas schwierig zu verstehendes Detail:
schaue Dir einmal die Summe aller drei Spannungen (Anzeige: alle drei Spulen) im Diagramm oben an, wenn Du die Animation laufen lässt.
Besonders geeignet sind dabei Augenblicke, in denen eine der Spannung den Wert 0 hat.
Dir wird bestimmt auffallen, dass dann die beiden anderen Spannungen entgegengesetzt sind und betragsmäßig den gleichen Wert haben.
Berücksichtigt man also das Vorzeichen, so ist die Summe aller drei Spannungen stets 0, obwohl die Einzelspannungen einen von 0 verschiedenen Wert haben!!
Wenn man also drei Geräte angeschlossen hat, die einen gleich großen ohmschen Widerstand haben - z.B. die drei Glühlampen von oben - dann ist die Stromstärke in der gemeinsamen Rückleitung - dem Neutralleiter - ebenfalls 0, wenn man das Vorzeichen berücksichtigt!
Extrem gesagt, man braucht diese Rückleitung eigentlich gar nicht mehr und könnte sie sogar weglassen!
Die Funktion der "Rückleitung" wird dann von den anderen beiden Phasen übernommen.
Bei dieser 110 kV Leitung kann man die drei Phasenleitungen L1 , L2 und L3 erkennen. Auf diese Art ergibt sich ein begrenzter Blitzschutz für die Leitung. |
Auch bei dieser 10 kV Hochspannungsleitungen sieht man drei Leitungen am Mast. Es sind wieder die drei Phasen L1 , L2 und L3. Weil diese Leitung aber nur über eine kurze Strecke führt, hat man den Neutralleiter hier sogar weggelassen! |
4.) Stern- oder Dreieckschaltung?
Warum hat "Drehstrom" eine (Effektiv-)Spannung von 400 V (man bezeichnet ihn daher auch als "Kraftstrom")?
Um das zu verstehen müssten wir zwei unterschiedliche Schaltungsarten verstehen: die Sternschaltung und die Dreieckschaltung.
Die Sternschaltung.Die Schaltung, die im Haushalt normalerweise angewendet wird, ist die Sternschaltung. Warum die Schaltung "Sternschaltung" heißt, wird aus dem letzten Schaltbild klar. Zwischen dem Sternpunkt und jeder Phasenleitung kann man eine Spannung von 230 V abgreifen. |
Die Dreieckschaltung.
Bei dieser Schaltung sind die einzelnen Geräte und Geräteteile in Form eines Dreiecks an die drei Phasen angeschlossen. Man verwendet sie hauptsächlich bei kräftigen Motoren im Industriebereich. Dabei sind die drei Widerstände R1, R2 und R3 dort drei Teilwicklungen des Motors. Dieser dreht dann mit der gleichen Frequenz wie der Generator. Dass sich dabei die Spannungen zweier Phasen addieren, sieht man besonders einfach am Widerstand R3: Wie es sich bei der Addition von zwei Phasenspannungen verhält, kannst Du oben in der Simulation ausprobieren. |
5.) Und wer hat's erfunden .... ?
.... nein, nicht die Schweizer! (Frei nach der Werbung für ein Kräuterbonbon).
Der Erfinder des Drehstroms und der Energieübertragung mit Hilfe des Drei-Phasen-Wechselstroms war ein Baden-Württemberger!
(Streng genommen müsste man sagen "ein Badener", denn Baden-Württemberg gab es damals noch nicht.)
Das Prinzip der Drehstromerzeugung und Übertragung geht auf den Offenburger Friedrich August Haselwander (1859 - 1932) zurück, er war so etwas wie der "badische Edison". Haselwander meldete seine Erfindung zum Patent an, hatte dabei aber wenig Glück: |
Verbittert vermachte er 1925 seine erste Maschine dem Deutschen Museum in München. Den finanziellen Nutzen von Haselwanders Erfindung hatten andere - und haben ihn bis heute, denn das Prinzip der Energieübertragung mit Drei-Phasen-Wechselstrom ist bis heute unverändert.
Haselwanders Maschine: Public Domain
andere Fotos, Grafiken :Grüninger, Landesbildungsserver
Die Simulationen entstanden mit Hilfe von Physlets von Wolfgang Christian und Mario Belloni vom Davidson College, USA |
Weitere Animationen und Informationen zum Thema:
Scheitelwert und Effektivwert einer Wechselspannung (Sekundarstufe II)
http://www.k-wz.de/elektro/drehstromgenerator.html
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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