Valerius Maximus: Die Schlange des Äskulap (Facta et Dicta Memorabilia 1, 8, 2)
Der folgende Text ist eine vereinfachte und gekürzte Version. Die vollständige Fassung findet man bei der Bibliothek des Packard Humanities Institute.
Zu diesem Arbeitsblatt
Grammatik
- Der Text enthält einige nachzeitige AcIs. Zur Grammatikhilfe: AcI der Nachzeitigkeit.
- Grundwortschatz: Religion
Download: andere Dateiformate
Dieses Blatt in drei Dateiformaten: PDF - WORD (.docx) - OpenOffice/LibreOffice Writer (.odt)
Aufgabenvorschläge
Aufgaben stehen am Fuß des Textes.
Die Schlange des Äskulap
293 v. Chr.: Eine Pest wütet in Rom – Hilfe kann nur der Gott Äskulap aus Epidauros bringen. Ein wundertätiges Tier vertritt ihn.
Schlangen waren zu allen Zeiten ein Gegenstand der Verehrung und der religiösen Scheu. Das Bild zeigt eine Ringelnatter.
Lateinischer Text | Übersetzungshilfen und Kommentar |
Triennio continuo pestilentia civitas nostra vexata est. |
trienniō: drei Jahre ununterbrochen |
Cum civitas videret finem tanti et tam diutini mali neque divina misericordia neque humano auxilio imponi, cura sacerdotum inspectis Sibyllinis libris cognovit non aliter pristinam recuperari salubritatem posse, quam si ab Epidauro Aesculapius esset accersitus. |
fīnem impōnere (mit Genitiv): ein Ende setzen Sibyllini librī: die Sibyllinischen Bücher, eine Orakelsammlung in griechischer Sprache (QuelleSibyllinische BücherZu den Sibyllinischen Büchern: Wikipedia und Jörg Rüpke: Textgemeinschaften und die Erfindung von Rivalität und Toleranz, 2016, via OAPEN, S. 147.). prīstina salūbritās: die vorherige Gesundheit nōn aliter … quam sī: nicht anders …, als wenn Epidaurus: Epidauros (Stadt in Griechenland. Dort gab es einen Tempel (ca. 380 v. Chr.) mit einer Statue des Gottes Asklepios aus Gold und Elfenbein, in dem heilige Schlangen gehalten wurden. Dieser Tempel war ein so genanntes Kurheiligtum, in dem Kranke nach Heilung suchten. accersītus = arcessītus, von arcessere, arcessō, arcessīvī, arcessītum: herbeiholen |
Itaque eo legatis missis unicam fatalis remedii opem auctoritate sua, quae iam in terris erat amplissima, impetraturam se credidit. |
Das Subjekt des Satzes (im Prädikat credidit) ist weiterhin civitas (die römische Bürgerschaft). ops, opis (Nom. und Dat. Sg. ungebräuchlich) : die Hilfe ...unicam fatalis remedii opem: die einzige vom Schicksal als Heilmittel zugewiesene Hilfe auctoritate sua: durch ihr Ansehen (d. h. das der Römer) impetrare: (durch Bitten) erreichen, erlangen. Zur Verwendung des Infinitiv Futur im nachzeitigen AcI siehe das Grammatik-Kapitel zum AcI.
|
Neque eam opinio decepit: Nam pari studio petitum ac promissum est praesidium, e vestigioque Epidauri Romanorum legatos in templum Aesculapii, quod ab eorum urbe v passuum distat, perductos benignissime invitaverunt, ut pro suo iure sumerent et Romam ferrent, quidquid inde salubre patriae existimavissent. |
eam bezieht sich wieder auf civitas. opīnio, opīnionis, f. (hier): die Hoffnung ē vestigiō: sofort Epidauri: die Einwohner von Epidauros v passuum: 5 Meilen (Entfernungsangabe) distāre: entfernt sein pro suo iure: mit ihrer Erlaubnis quidquid: alles, was; was auch immer. Bei der Übersetzung kann man das Zahladjektiv "alles" in den dass-Satz ziehen: dass sie alles, was ... |
Quorum tam promptam indulgentiam numen ipsius dei subsecutum est et verba mortalium caelesti obsequio conprobavit: |
promptus: zügig, schnell, unverzüglich indulgentia: die Güte (Gemeint ist die Güte der Epidaurier, die den Römern den Zugang zu ihrem Heiligtum gewährten.) subsequī, subsequor, subsecūtus sum : unmittelbar nachfolgen, auf dem Fuße folgen nūmen, nūminis, n. : die Gottheit, der Wille der Gottheit. nūmen dei: die Macht der Gottheit. caelestis, caeleste : himmlisch obsequium : die Zustimmung (von obsequī: gehorchen) conprobare: billigen, gutheißen, bestätigen |
Is anguis enim, quem Epidauri raro, per urbis celeberrimas partes mitibus oculis et leni tractu labi coepit. |
Diese Schlange nämlich, welche die Epidaurier selten, aber niemals ohne große Wohltat für sie selbst erblickten und die sie als Gestalt des Gottes Aeskulap verehrten, begann durch die belebtesten Teile der Stadt mit sanften Augen und in langsamem Zug zu gleiten. |
Die Schlange kriecht schließlich auf das römische Schiff.
Die Römer brechen auf, froh, das heilige Tier bei sich zu haben, und machen beim Tempel von Antium (http://de.wikipedia.org/wiki/Antium ) eine Rast, wo die Schlange eine Zeitlang den Tempel des Äskulap besucht. Die Römer bekommen schon Angst, sie könnte dort bleiben, aber schließlich schlängelt sich die Schlange wieder auf das Schiff. Nach der Überfahrt nach Rom sucht sie sich die Tiberinsel als Wohnstätte aus.
Quelle: Heinrich Kiepert, Atlas Antiquus, 6. Auflage Berlin 1881
Aufgaben
- Zum Inhalt: Verfasse eine Inhaltsangabe zu dieser Geschichte. Orientiere dich dabei an den Ortswechseln.
- Gib diese Geschichte in einer Bildergeschichte wieder. Diese Aufgabe könnt ihr auch arbeitsteilig in eurer Gruppe erledigen.
- Zur Topographie: Vergleiche die Angaben zur Entstehung des Aesculap-Tempels auf der Tiberinsel, die du in der Geschichte des Valerius Maximus findest, mit anderen Berichten, die du im Internet oder auch in Lexika findest. Prüfe, inwieweit sich ein früherer Tempel des Aesculap auf der Tiberinsel nachweisen lässt.
Du kannst z. B. diese Seiten verwenden:
- Wikipedia über die Tiberinsel
- Online-Reiseführer Schwarz auf Weiß über die Tiberinsel
- Zu den religiösen Vorstellungen, die in der Geschichte angesprochen werden (Vorschlag für die Gruppenarbeit):
- Sammelt andere Beispiele von Geschichten, in denen Schlangen in religiösen Zusammenhängen vorkommen, und überprüft, ob die Schlange immer gleich gewertet wird.
- Arbeitet an der Geschichte heraus, welche Vorstellungen von Gesundheit und Heilung die Menschen hatten, die diese Geschichte erzählten. Recherchiert hierzu, welche medizinischen Kenntnisse die Menschen zur Zeit des Kaisers Tiberius hatten, als der Autor Valerius Maximus lebte (Siehe die Tabelle zur römischen Geschichte)
- Untersucht, wie sich der Erzähler das Verhältnis der Römer und Griechen in dieser Geschichte vorstellt.
Ergänzende Informationen
- Didaktische Einführung
- Lerntipps für Schülerinnen und Schüler
- Über Valerius Maximus' Werk Facta et dicta memorabilia
Tabellensymbol
Erläuterung zu den Tabellensymbolen
- Mit dem Mauszeiger auf das Symbol zeigen: Die Konjugation (teilweise auch: das Tempus) bzw. die Deklination wird angezeigt.
- Auf das Symbol klicken: Die passende Formentabelle öffnet sich in einem neuen Fenster.
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
Bitte beachten Sie eventuell abweichende Lizenzangaben bei den eingebundenen Bildern und anderen Dateien.