Die direkte und indirekte Charakterisierung: Arbeitsblatt für Schülerinnen und Schüler
Zusammenfassung
Bei allen Texten, in denen handelnde Figuren oder Personen vorkommen, kann man fragen und untersuchen, wie diese Figuren charakterisiert werden.
Die Figuren (z. B. Helden in einer Sage) können direkt charakterisiert sein. Das bedeutet, dass im Text selbst gesagt wird, welche Eigenschaften die Figur hat. Dies kann entweder der Erzähler sagen oder eine andere Figur.
Bei der indirekten Charakterisierung wird nicht im Text selbst ausgesagt, welche Eigenschaften die Figur hat. Hier muss die Leserin oder der Leser selbst aus der Handlung heraus darauf kommen und sich überlegen, welche Eigenschaften sich erkennen lassen.
Was versteht man unter direkter und indirekter Charakterisierung?
In diesem Arbeitsblatt geht es darum, welche Eigenschaften eine Figur in einer Geschichte hat. Es kann sich dabei um erfundene Geschichten oder Dramen, aber auch um solche Texte handeln, die wahre Ereignisse darstellen wollen, wie z. B. Texte über die römische Geschichte. Ganz gleich, ob die Autorin oder Autor (in der Antike waren das fast nur Autoren) sagt, dass die Figur wirklich gelebt hat oder ob sie bzw. er deutlich macht, dass diese Figur nur erfunden ist: In den meisten Texten, in denen Figuren vorkommen, geht es auch um die Eigenschaften, die diese in ihrem Handeln und in ihren Entscheidungen zeigen. Diese Eigenschaften können stabil sein oder sich wandeln. Damit wir als Leserinnen und Leser uns mit einer Geschichte identifizieren können, müssen die darin handelnden und leidenden Figuren einige interessante Eigenschaften haben.
Man unterscheidet dabei die direkte von der indirekten Charakterisierung. Immer geht es um Figuren oder Personen, die bestimmte Eigenschaften haben (bzw. denen bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden). In erfundenen Geschichten hat sich die Autorin oder der Autor die Figur ausgedacht und er bzw. sie hat bestimmte Vorstellungen von den Eigenschaften der Figur, aber wir als Leserinnen und Leser können die Figur dennoch anders sehen, als der Verfasser oder die Verfasserin sie gesehen hat. Auch bei realen Personen, über deren Handeln erzählt wird, kann der Verfasser oder die Verfasserin dieser Person bestimmte Eigenschaften zuschreiben.
Direkte Charakterisierung
„Direkt“ bedeutet hier, dass im Text selbst ausdrücklich gesagt wird, welche Eigenschaften eine Figur hat. Wer spricht dies aus?
- Dies kann vom Erzähler gesagt werden, der das Geschehen kommentiert, d. h. seine Meinung über die Figur in einem Erzählerkommentar ausdrückt. Das kann man für die Interpretation z. B. dadurch feststellen, dass man nach Adjektiven sucht, die bestimmte Wertungen enthalten. Einige dieser Adjektive sind im Grundwortschatz im Kapitel Tugenden und Wertungen gesammelt.
- Auch die Figuren einer erfundenen Erzählung oder eines historischen Berichts sprechen übereinander und sagen, was sie über andere Figuren aus dem Text denken. Auch hier spricht man von einer direkten Charakterisierung, denn die Eigenschaften sind direkt im Text ablesbar.
In jedem dieser Fälle musst du als Interpretin oder Interpret selbst entscheiden, ob dich diese Charakterisierung überzeugt. Immer drückt sich darin eine bestimmte Sichtweise oder Perspektive aus, die du übernehmen kannst oder auch nicht.
Nicht zu vergessen sind die äußeren Merkmale wie Alter, Geschlecht und soziale Herkunft (z. B. ob die Figur aus einer eher ärmeren oder reicheren Schicht kommt). Hier muss man prüfen, ob der Text dazu genaue Informationen gibt oder ob die Leserin oder der Leser das erschließen muss; dann liegt eine indirekte Charakterisierung vor.
Indirekte Charakterisierung
„Indirekt“ bedeutet im Gegensatz zum zuvor Gesagten, dass im Text selbst nicht gesagt wird, welche Eigenschaften eine bestimmte Figur besitzt. Die Leserinnen oder Leser müssen sich hier noch mehr als bei der direkten Charakterisierung selbst ein Bild von der Figur machen.
Dafür betrachtet man, wie sich die Figur (z. B. der Held in einer Sagenerzählung) in bestimmten Situationen verhält. Diese Fragen kann man stellen:
- Entscheidet sich die Figur selbständig, was sie tut, oder lässt sie sich von anderen sagen, was sie tun soll? Falls Letzteres – wer hat das Sagen?
- Wie verhält sie sich in Konflikten und Auseinandersetzungen? Geht sie diesen aus dem Weg? Wenn sie die Konflikte austrägt: Sucht sie nach einer Lösung, die allen passt, oder setzt sie sich eher durch?
- Hat die Figur viele, wenige oder gar keine Freunde? Was können wir daraus und aus den Eigenschaften der Freunde auf die Figur selbst schließen?
- Wie spricht die Figur – eher gewählt und kompliziert oder eher umgangssprachlich?
- Was weiß die Figur und hat sie bestimmte Fähigkeiten, die sie in der Handlung zeigt?
Nicht nur in der Antike ...
Das, was du in diesem Arbeitsblatt über die Charakterisierung erfährst, kannst du auch für die literarischen Werke aus anderen Zeiten verwenden. Auch die Romane, Erzählungen und Dramen, die du im Deutsch- oder Englischunterricht oder für deine Unterhaltung liest, enthalten Figuren, deren Eigenschaften du verstehen musst, damit die Geschichte einen Sinn ergibt.
Und auch in Filmen und Serien werden die handelnden Figuren nicht einfach neutral dargestellt, sondern sie haben bestimmte Eigenschaften: Sie sind vielleicht mutig oder feige, sie sind klug oder dumm, oder sie verstehen nicht, wie sie ihre Ziele erreichen können.
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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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