Diagnostik

Ressourcenorientierte Diagnostik   |   Zeitpunkte und Zielsetzungen der Diagnostik   |  Diagnoseverfahren | Wie erfolgt die Leistungsfeststellung ...Wie wird der individuelle Lernweg dokumentiert?   |   Zurück zur Übersicht

 

RESSOURCENORIENTIERTE DIAGNOSTIK

Die Lernenden kommen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in die Klasse. Aufgabe der Lehrperson ist es, diese individuellen Voraussetzungen zu kennen und zu berücksichtigen, um den Unterricht auf diese abzustimmen.
Als grundlegend für eine gelingende (Sprach-) Förderung gilt die Diagnostik. Diese dient der Ermittlung des individuellen Lernstandes und der individuellen Lernfortschritte.

Der Blick richtet sich dabei auf die einzelne Schülerin / den einzelnen Schüler, bezieht aber auch das soziale System als Bezugspunkt1)     mit ein (vgl. Siemes 2008, S. 17). So spielt sowohl das Vorwissen der Lernenden als auch das Umfeld eine Rolle (vgl. Siemes 2008, S. 16). Für den Unterricht bedeutet dies, dass die Potenziale und Ressourcen der Schülerinnen und Schüler möglichst früh sichtbar gemacht und in der Förderung aufgegriffen werden. Wichtig sind eine kontinuierliche Beobachtung und Dokumentation der Lernfortschritte sowie eine passgenaue individuelle Förderung und eine regelmäßige Betreuung insbesondere auch beim Übergang (VKL – VKL; VKL – Regelklasse; Regelklasse – Beruf) (siehe auch Handreichung Viele Sprachen – eine Schule, Kapitel 6).

1) Bezugspunkt: Vorsicht! Hier nicht verwechseln mit sozialer Bezugsnorm: Soziale Bezugsnorm:In diesem Fall wird die Klasse oder die Lerngruppe als Bezugspunkt für die Einordnung der Leistungen einer Schülerin/eines Schülers genommen. Es wird geschaut, wie die Leistungen einer einzelnen Schülerin/eines einzelnen Schülers im Hinblick auf die Gesamtleistung der Klasse/Lerngruppe zu beurteilen sind(vgl. Jäger 2000, S. 130f).


Fragestellungen (nach Dehn/Hüttis-Graf 2006) wie:

  • Was kann der Schüler/die Schülerin schon?
  • Was muss er/sie noch lernen?
  • Was kann er/sie als nächstes lernen?

sollten dabei leitend sein.


Im Sinne der formativen Leistungsdiagnose sind dies aus Sicht der Lernenden Fragestellungen (vgl. Maier 2014, S. 20) wie:

  • Was ist das Lernziel?
  • Wo stehe ich?
  • Welche Schritte kann ich in Richtung Lernziel als nächstes gehen?


Damit Förderung erfolgreich sein kann, ist eine kontinuierliche Diagnostik notwendig. Wichtig dabei ist, dass diese nicht nur zur Bewertung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler dient, sondern auch die Förderung an sich in den Blick nimmt. Nur durch eine Reflexion und Evaluation der Fördermaßnahmen, bei der „überprüft“ wird, ob die durchgeführte Fördermaßnahme passgenau war und zum Erreichen der gesetzten Ziele geführt hat und dies im Anschluss gegebenenfalls angepasst wird, kann Förderung erfolgreich gelingen. 

Ein systematischer Einsatz verschiedener Diagnoseverfahren ist unerlässlich. Zu fragen ist dabei immer: 

FRAGE
AUSWIRKUNG AUF DIE DIAGNOSTIK
Wo soll es hingehen? Diagnosezielsetzungen & Zeitpunkte
Was soll diagnostiziert werden? Kompetenzbereiche
Wie / womit soll bzw. kann diagnostiziert werden? Diagnoseverfahren
Was folgt auf die Diagnose? Planung von Unterricht und Fördermaßnahmen

Abb.: Fragen zur Diagnose

 

Folgende Schritte stellen die Gelingensfaktoren einer ressourcenorientierten Diagnostik dar:

  • Durchführung einer Diagnose (siehe Abschnitt „Ressourcenorientierte Diagnostik“)

  • Planung darauf aufbauender Fördermaßnahmen durch das Erstellen eines Förderplans mit Formulierung von Lernzielen

  • Durchführung der geplanten Fördermaßnahmen

  • Reflexion und Evaluation der Fördermaßnahmen im Hinblick auf das gesetzte Ziel / die gesetzten Ziele

  • gegebenenfalls Anpassung der Fördermaßnahmen und Zielsetzungen

  • erneute Diagnostik

  • Transparenz der Ergebnisse und des Lernfortschrittes für Lernende und Eltern und gegebenenfalls weitere Lehrpersonen (kontinuierliche Kommunikation und Austausch)


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ZEITPUNKTE UND ZIELSETZUNGEN DER DIAGNOSTIK

Daten aus diagnostischen Maßnahmen sind Grundlage für fundierte und sichere Entscheidungen an verschiedene Stationen in der Schülerbiographie von neu Zugewanderten. Für eine erfolgreiche Integration von schulunerfahrenen Schülerinnen und Schülern müssen sie deshalb an den jeweiligen Stationen wie dem Eintritt in die VKL/Fördermaßnahme, der Dauer der VKL/ Fördermaßnahme und beim Übergang zuverlässig durchgeführt und dokumentiert werden:

ZEITPUNKT
ZIEL
MÖGLICHE SELBSTDIAGNOSTISCHE FRAGEN FÜR LERNFÖRDERGESPRÄCHE
vor der VKL / bei Eintritt in die VKL Eingangsdiagnostik

zuweisungsdiagnostisch, formativformative Diagnose(formativ: begleitend, formend) Schülerleistungen werden fortlaufend diagnostiziert, um passgenaue Maßnahmen zur individuellen Förderung ableiten zu können; vs. summative Diagnose. -> Glossar

  • Sprachstand
  • Zuweisung zu einer Schulart, Klasse, Sprachfördermaßnahme, etc.

Wo bin ich gut?

Was kann ich für die Schule nutzen?

Was kann ich schon gut?

Was kann ich noch nicht so gut?

während der VKL (fortlaufend) Förderdiagnostik

förderdiagnostisch, formativ

  • prozessbegleitende Lernverlaufsdiagnostik
  • Auswahl der Fördermaßnahmen in zu fördernden Kompetenzbereichen

Komme ich mit einem bestimmten sprachlichen Phänomen schon besser zurecht?

Welche Strategie hat mir besonders geholfen?

Wobei brauche ich noch Übung/Hilfe?

Was habe ich noch nicht verstanden?

Was würde ich gerne als nächstes in
Angriff nehmen?

am Ende der VKL beim Übergang

  • in den Regelunterricht
  • in eine andere Maßnahme (VABO)
  • in ein Praktikum u.Ä.
Übergangsdiagnostik

zuweisungsdiagnostisch, summativsummativsummative Diagnose (summativ: das Zusammenzählen betreffend) arbeitet mit Ergebniskontrollen, die am Ende des jeweiligen Lernprozesses stehen, wie beispielsweise Tests, Klassenarbeiten oder Zeugnisse; vs. formative Diagnose. -> Glossar

  • Erfassung des Sprachstands
  • Erfassung des Leistungsstands in verschiedenen Bereichen
  • Entscheidung für Art und Ort der Integration in den Regelunterricht oder eine andere Maßnahme

Traue ich mir zu, am Regelunterricht teilzunehmen?

Was verspreche ich mir von der Teilnahme am Regelunterricht?

Wo habe ich große Fortschritte gemacht?

Kann ich mir beim Erschließen / beim Produzieren von Texten schon selbst helfen?

Anschlussförderung im / ergänzend zum Regelunterricht Förderdiagnostik

förderdiagnostisch, formativ

  • prozessbegleitende Lernverlaufsdiagnostik

siehe oben während der VKL

Was muss ich noch lernen/üben, um im Regelunterricht noch erfolgreicher zu werden?

Abb.: Zeitpunkte der Diagnose

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DIAGNOSEVERFAHREN 

Die Durchführung einer Diagnose zum Kompetenzstand und -erwerb des Deutschen als Zweitsprache kann nur sinnvoll durchgeführt werden, wenn bei den Lernenden bereits zielsprachliche Kompetenzen vorhanden sind.

Ist dies der Fall, dann können Diagnoseinstrumente Aussagen über den Spracherwerbsstand und/oder den Spracherwerbsprozess bzw. -aneignungsprozess treffen. Für die Eingangsdiagnostik ist es wichtig, den Sprachstand zu einem bestimmten durchgeführten Zeitpunkt zu erheben (Aufnahmegespräch bzw. Eintritt in die Förderung). Für Schülerinnen und Schüler, die schulisch nicht sozialisiert bzw. nicht alphabetisiert sind, ist dies schwierig. Hier stehen zunächst weitere Bereiche wie die aus der Resilienzforschung stammenden Schutzfaktoren, die für eine erfolgreiche Bewältigung von herausfordernden Situationen wichtige Indikatoren darstellen, im Vordergrund. Diese sollten bei der Einschätzung der Leistungen der Lernenden auf jeden Fall miteinbezogen werden (siehe auch Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit, Kapitel 4 Orientierungshilfen für den Übergang: Schutzfaktoren S. 52f) und im alltäglichen Umgang und im Unterricht mit den Kindern und Jugendlichen eine Rolle spielen (nicht nur beim Übergang).
Allgemein gehaltene diagnostische Leitfragen, die die Sprachbiographie sowie erste allgemeine Aspekte der einzelnen Lernbereiche in den Blick nehmen, können bereits zu Beginn zum Einsatz kommen, zunächst nur stichwortartig für einzelne Teilbereiche Anwendung finden und je nach Erwerbsverlauf/-prozess sukzessive detailliertere Aussagen liefern (z. B. Diagnostische Leitfrage von Knapp und Beobachtungsbogen Junk- Deppenmeier/Jeuk).

Erst wenn einzelne Kenntnisse in der Zweitsprache vorhanden sind, ist es sinnvoll, weitere Bereiche miteinzubeziehen und konkreter zu betrachten.

Für eine Förderdiagnostik bzw. Prozessdiagnostik, deren Ziel es ist zu dokumentieren, wie der Lernverlauf einer Schülerin / eines Schülers aussieht, kommen hauptsächlich prozessbeobachtende Verfahren zum Einsatz. Gleiches gilt für die Übergangsdiagnostik. Hier werden die vorhergehenden Diagnoseergebnisse miteinbezogen, um ein umfassendes Bild der Entwicklung zu erhalten und nicht nur eine Momentaufnahme abzubilden.

Folgende Verfahrenstypen sind je nach Zielsetzung der Diagnose und der Interpretation / dem Umgang mit den Ergebnissen (siehe Hürden überwinden Bezugsnormproblematik) für die verschiedenen Stationen geeignet:

 

VERFAHRENSTYP
CHARAKTERISTIK BEISPIELE
TestsTestsGemeint sind hier standardisierte Testverfahren (nicht Klassenarbeiten). Standardisierte Verfahren sind Verfahren, die an einer bestimmten repräsentativen Population normiert wurden. Sie müssen den Gütekriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität entsprechen. Näheres dazu im Glossar.

 

  •  standardisiert / Vergleichswerte
  • Durchführung ist stark gesteuert
  • meist werden nur Teilbereiche (Sprache) erfasst
ELFE 1-6
Screenings
  • „Siebverfahren“
  • stufenweise Durchführung
  • am Ende jeder Stufe Entscheidung über Zuweisung
    -> Fördermaßnahme/Schulform 
  • lässt Aussagen darüber zu, ob grundsätzlich ein Förderbedarf besteht

Neu in Deutschland (ab Klasse 2)

Kenntnisse in Deutsch als Zweitsprache erfassen (Schulanfänger)

C-Test

Lautleseprotokoll

Profilanalysen
  • Grundlage: Sprachaufnahmen oder schriftliche Texte/Äußerungen
  • kriterienorientierte Auswertung
  • Auswertung meist sehr aufwändig

Profilanalyse nach Grießhaber

2P

Sprachzertifizierungen

Fehleranalysen
  • Grundlage: schriftliche Texte oder mündliche Äußerungen (Aufnahme)
  • Analyse erfolgt nach bestimmten Schwerpunkten
  • Fehler identifizieren, beschreiben, erklären (Ursachen)
    -> Formulieren von Förderschwerpunkten

OLFA-Oldenburger Fehleranalyse (nur Orthographie)

Beobachtungsraster Fix & Jeuk/Schäfer

Schätzverfahren
  •  Selbst- und Fremdeinschätzung mittels Fragebogen oder Interview

Portfolio

Einschätzung des Lernstandes mit Hilfe einer
Skala oder eines kurzen Fließtextes

Fragebogen

Beobachtungen
  • Teilnehmend / nicht-teilnehmend; offen/verdeckt
  • meist kriterienorientiert

Strich- und Checklisten

Diagnostische Leitfragen

Niveaubeschreibungen DaZ Sek. I

Abb.: Überblick – Diagnostische VerfahrenstypenDiagnostische VerfahrenstypenDie Literaturangaben zu den hier aufgeführten Verfahren sind im Literaturverzeichnis zu finden.


Screenings

Der Begriff ScreeningScreeningsind hier Testverfahren, die noch nicht sehr differenziert einen allgemeinen Sprachförderbedarf feststellen, um Lernende etwa einer Sprachfördermaßnahme zuzuteilen. Um im Anschluss genaue individuelle Förderpläne zu gestalten, müssen differenzierte Überprüfungen von Teilkompetenzen erfolgen. -> Glossar bezeichnet zum einen mehrstufige Verfahren, bei denen am Ende jeder Stufe sowie nach Durchführung des Gesamtverfahrens eine Entscheidung über eine Zuweisung z. B. zu einer Fördermaßnahme oder einer Schulart erfolgen kann. Ein solches Verfahren stellt das Heft „Neu in Deutschland – Screening Verfahren – Sprachkenntnisse und Lernvoraussetzungen ermitteln“ dar.
Ebenso können Verfahren, die es ermöglichen darüber zu entscheiden, ob ein Förderbedarf besteht oder nicht, als Screening bezeichnet werden (vgl. Bauer/ Spettmann 2008, S. 431). Ein solches Verfahren ist z. B. ein C-Test.

C-Test: Der C-Test (eine Variante des Cloze-TestsCloze-TestCloze-Test: (engl. to close: schließen) Test in Form eines Lückentextes, bei dem jedes 5. bis 7. Wort ergänzt werden muss; dient der Ermittlung allgemeiner Sprachkompetenz; -> Glossar
) stammt aus der Fremdsprachendidaktik und wurde für die Anwendung für Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache adaptiert . Er ermöglicht die Erfassung der globalen Sprachkompetenz und lässt erste Aussagen darüber zu, ob ein Förderbedarf besteht oder nicht.

Das auch für Lernende mit Deutsch als Zweitsprache normierte Verfahren bei Dürrstein und Jeuk (2015, 21ff.) versteht sich als Screening-Tool, das das spezifische, individuelle Profil nicht abbilden kann, sondern lediglich allgemein einen Förderbedarf feststellt. Vorsicht: Die Durchführung dieses Verfahrens ist nur sinnvoll bei Schülerinnen und Schülern, die bereits Kenntnisse in der deutschen Sprache besitzen. Nicht alle C-Tests sind normiert. Lehrpersonen können sie auch selbst herstellen, um bestimmte Kompetenzbereiche zu überprüfen.

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Profilanalysen

Potenzial & Perspektive (2P): 2P ist ein normiertes, computergestütztes Analyseinstrument, das unter anderem auch den „Lernstand Deutsch“ erfasst und nach dem GER einstuft. Es liegt gestaffelt nach Sprachniveaustufen A1, A2/B1 und B2/C1 vor.

Normierte Verfahren wie 2P können durch ihre eindimensionale Zuordnung von Fragestellung und Antwort nur kleinere Ausschnitte des Sprachstandes in den einzelnen Kompetenzbereichen erfassen (z. B. zum Leseverstehen, zur Morphologie, etc.) und erlauben daher nur begrenzt Interpretationen sowohl für den Sprachaneignungsprozess als auch für Kompetenzen in ihrer gesamten Breite.

Sinnvoll und angemessen ist die Verwendung von „Lernstand Deutsch“ als erste Einschätzung für Lernende, die schon mit Deutschkenntnissen ankommen, und als wiederholte Sprachstandserhebung, um auch das Tempo des Lernfortschritts von A1 bis B2/C1 einschätzen zu können. Sie kann nur ein ergänzender Bestandteil der Dokumentation des Lernfortschritts sein, der am besten durch beobachtende Verfahren erreicht wird.

Profilanalyse nach Grießhaber (morphologisch- syntaktischmorphologisch-syntaktischmorphologisch-syntaktisch: den Wort- und Satzbau betreffend; morphologisch: den Wortaufbau betreffend; --> Glossar):  Diese „basiert auf grundlegenden grammatischen Konstruktionsprinzipien der deutschen Sprache, die entsprechend der Komplexität in Sequenzen erworben werden“ (Grießhaber 2010, S. 147). Die sechs Profilstufen (Heilmann/Grießhaber 2012) können somit Hinweise auf den Verlauf des Spracherwerbs geben. Es können sowohl bruchstückhafte Äußerungen als auch längere Texte entweder in mündlicher oder in schriftlicher Form analysiert werden. Ermittelt werden die syntaktischen Grundstrukturen der Äußerungen (vgl. Grießhaber 2010, S. 147 ff). Wenn Schülerinnen und Schüler diese Phasen bei genügend Sprachkontakt relativ schnell durchlaufen, ist das ein Hinweis auf Leistungsstärke hinsichtlich ihres Sprachlernens.


Sprachzertifizierungen
DSD / ÖSD / Goethe-Zertifikat oder ähnliche: Zertifizierende Instrumente wie das Deutsche Sprachdiplom (DSD) oder das Österreichische Sprachdiplom Deutsch (ÖSD) sind für die Zielgruppe Lernende des Deutschen als Fremdsprache (DaF) gedacht und ermitteln dementsprechend eine Niveaustufe im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für SprachenGemeinsamer Europäischen ReferenzrahmenGemeinsamer Europäischer Referenzrahmen (GER): "Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen befasst sich mit der Beurteilung von Fortschritten in den Lernerfolgen bezüglich einer Fremdsprache. Ziel ist, die verschiedenen europäischen Sprachzertifikate untereinander vergleichbar zu machen und einen Maßstab für den Erwerb von Sprachkenntnissen zu schaffen." -> Glossar
(GER). Zur Anwendung geeignet sind diese Verfahren für Schülerinnen und Schüler, die schon in ihren Herkunftsländern Deutsch als Fremdsprache gelernt haben.

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Beobachtende Verfahren

Diagnostische Leitfragen (Knapp 1999): Diese sind relativ allgemein gehalten, nehmen aber dennoch die einzelnen Bereiche in den Blick. Geeignet sind sie für einen ersten Überblick. Um detailliertere Aussagen zum Förderbedarf in den einzelnen Bereichen zu erhalten, müssen weitere Verfahren hinzugezogen werden.

Kriteriengeleitete Sprachbeobachtungsbögen: Für die verschiedenen Kompetenzbereiche hält z. B. das „Praxismaterial  Förderdiagnostik“, dieses ist 2015 an alle allgemein bildende Schulen in Baden-Württemberg verteilt worden, (Junk-Deppenmeier/Jeuk 2015) mit den so genannten „Werkzeugen“ Beobachtungsbögen für die Bereiche Hören (Hörverstehen), Sprechen (mündliches Erzählen), Schreiben (schriftliches Erzählen) und Lesen (Leseverstehen) bereit. Die „Beobachtungsbögen zur Sprachbiografie“ (Junk-Deppenmeier 2015) können sowohl für die Eingangsdiagnostik als auch als Übergangsprotokoll genutzt werden und sukzessive ausgefüllt werden.

Niveaubeschreibungen Deutsch als Zweitsprache:
Diese stehen sowohl für die Primar- als auch die Sekundarstufe zur Verfügung. Sie geben die Möglichkeit, strukturiert, systematisch und unterrichtsbegleitend Kompetenzen und Kompetenzzuwachs der Schülerinnen und Schüler zu beobachten und zu beschreiben. Das Ergebnis ist ein deskriptives Sprachprofil (für das Deutsche), das als Grundlage für die kooperative Planung und Realisierung von Maßnahmen zur sprachlichen Bildung dient (vgl. Niveaubeschreibung Deutsch als Zweitsprache ).
In den Niveaubeschreibungen für die Sekundarstufe I sind in sieben verschiedenen Kompetenzbereichen (Weite der sprachlichen Handlungs- und Verstehensfähigkeit, Wortschatz, Aussprache, Lesen, Schreiben, Grammatik – mündlich und schriftlich – und Persönlichkeitsmerkmale) Erwerbsstände auf vier verschiedenen Niveaustufen beschrieben. Auf einem Beobachtungsbogen kann für die verschiedenen Bereiche angekreuzt werden, welche Niveaustufe erreicht wurde. Es ist auch möglich, Zwischenstufen anzukreuzen, wenn eine Schülerin / ein Schüler eine niedrige Stufe bereits sicher beherrscht, aber auf der nächsten Stufe noch nicht sicher angekommen ist (vgl. Döll 2013, S. 12). Für die Primarstufe werden sechs Kompetenzbereiche beobachtet (siehe Sek I ohne Persönlichkeitsmerkale).

 

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Fehleranalysen
Das Verfahren einer Fehleranalyse (z. B. Analysebogen von Fix 2000) scheint zunächst defizitorientiert. Es identifiziert Fehler, die auf einer standardsprachlichen Norm fußen. Wichtig ist, dass die Ergebnisse auch auf Stärken und Entwicklungsschritte hin interpretiert werden und ergänzende Verfahren zum Einsatz kommen, die einzelnen Bereiche genauer in den Blick nehmen,  um so Aussagen über Stärken und nächste Entwicklungsschritte zu treffen.

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Schätzverfahren zur Selbst- und Fremdeinschätzung

Interview / Lerngespräch:
Ein Lerngespräch in ruhiger Atmosphäre (z. B. QUA-LiS NRW: Lern-Fördergespräch) findet zu geeigneten Zeitpunkten statt, z. B. dem Ende einer Förderphase zu einem Kompetenzbereich im Förderplan, in anstehenden Übergangssituationen (Teilintegration in ein Fach, vollständige Integration in den Regelunterricht, etc.) oder auch nach besonderen Ereignissen (Leistungsmessung, Planung von Präsentationen, etc.). Der Fokus liegt darauf, die Selbstreflexion der Schülerinnen und Schülern über ihre Lernprozesse zu nutzen, um die Selbststeuerung anzuregen (-> Stärkung der Resilienzfaktoren).

Fragebogen: „Ich-kann“-Bögen zum Ausfüllen werden beispielsweise bereits in vielen Lehrbüchern angeboten. Diese können je nach Themengebiet und Schwerpunkt auch individuell erstellt und je nach Bedarf angepasst bzw. erweitert werden.
Bereits für Schülerinnen und Schüler, die wenig Kenntnisse in der Zweitsprache Deutsch haben, können Formen solcher Bögen ohne Schrift angeboten werden (farbliche Markierung, ankreuzen auf einer Skala, Verwendung von Piktogrammen etc.).

Sprachenportfolio
Ein Beispiel ist das Europäische Sprachenportfolio, welches sich auf die Niveaustufen des GERGemeinsamer Europäischer Referenzrahmen (GER)"Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen befasst sich mit der Beurteilung von Fortschritten in den Lernerfolgen bezüglich einer Fremdsprache. Ziel ist, die verschiedenen europäischen Sprachzertifikate untereinander vergleichbar zu machen und einen Maßstab für den Erwerb von Sprachkenntnissen zu schaffen." bezieht. Es setzt sich aus drei Teilen zusammen: dem Sprachenpass, der Sprachbiografie und dem Dossier. Es fungiert sowohl als Informationsinstrument als auch als Lernbegleiter und soll anschaulich, transparent und international vergleichbar über Sprachkenntnisse und interkulturelle Erfahrungen informieren sowie beim Sprachenlernen motivieren und helfen (vgl. Schneider, North, Koch 2001). Zielgruppe sind jugendliche und erwachsene Fremdsprachenlernerinnen und -lerner. Mittlerweile gibt es einige Sprachenportfolios, da diese je nach Land und Altersstufe stark variieren. Auch einige Verlage bieten Portfolios z. B. für den Fremdsprachenunterricht an.

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Weiterführende Literatur:


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WIE ERFOLGT DIE LEISTUNGSFESTSTELLUNG UND LEISTUNGSBEURTEILUNG/-BEWERTUNG?

Zunächst steht wie bereits ausgeführt die Feststellung der individuellen Leistungen im Vordergrund (Feststellung des Lernstands), um darauf aufbauend den Unterricht / die Förderung zu gestalten (formative Leistungsfeststellungformative Leistungsfeststellungformative Diagnose: (formativ: begleitend, formend) Schülerleistungen werden fortlaufend diagnostiziert, um passgenaue Maßnahmen zur individuellen Förderung ableiten zu können.-> Glossar), da eine Bewertung für Lernende in der VKL von Anfang an weniger motiviert und nicht zwingend notwendig ist. Es besteht die Möglichkeit, die Note auszusetzen:


 

Auszug aus der Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über die Grundsätze zum Unterricht für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen an allgemein bildenden und beruflichen Schulen in der Fassung vom 31.05.2017:

6.1 Bei Besuch der Vorbereitungsklasse:
„Schülerinnen und Schüler, die eine Vorbereitungsklasse an einer allgemein bildenden Schule besuchen, erhalten Halbjahresinformationen und Zeugnisse nach den für die jeweilige Klassenstufe und Schulart geltenden Vorgaben. Noten werden nur erteilt, sofern der Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler dies in Bezug auf die Bildungsziele beziehungsweise erreichten Kompetenzen zulässt. Eine verbale Beurteilung mit Ausführungen zu den erworbenen Kompetenzen unter anderem etwa im Sprechen, Schreiben, Lesen kann die Notengebung ergänzen oder ersetzen.“

6.2 Bei erstmaligem Besuch der Regelklasse
„Bei dem erstmaligen Besuch der Regelklasse einer allgemein bildenden Schule nehmen die Schulen in der Leistungsbeurteilung auf die sprachlich bedingten Erschwernisse des Lernens bei Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen Rücksicht. Noten können durch eine Verbalbeurteilung ersetzt werden. Halbjahresinformationen und Zeugnissen kann eine Leistungsbeschreibung mit Hinweisen zur Lernentwicklung und einer Aussage (Verbalbeurteilung) über die mündliche und schriftliche Ausdrucks- und Verständigungsfähigkeit beigelegt werden.

Nicht ausreichende Leistungen im Fach Deutsch und den Fremdsprachen können bei der ersten und zweiten Versetzungsentscheidung außer Betracht bleiben.“

 


Eine Bewertung der Leistung erfolgt zu Beginn ebenfalls innerhalb der individuellen Voraussetzungen und Möglichkeiten (verbale Rückmeldung, individuelle Bezugsnorm (siehe Bezugsnormproblematik)). Zur Beschreibung der Kompetenzen dient die sachliche Bezugsnorm Sachliche Bezugsnorm Hier werden Vorgaben wie Lernziele, Kompetenzen oder notwendige Punktzahlen für die Erreichung eines Niveaus zu Grunde gelegt. Ziel ist es zu erkennen, wie groß der Unterschied zwischen dem individuellen Niveau und dem erwarteten Niveau ist (vgl. Jäger 2000, S. 134f). als Grundlage. Für die Leistungsfeststellung sind die Möglichkeiten und Verfahren, die bereits unter den vorangegangenen Ausführungen zur ressourcenorientierten Diagnostik genannt wurden, geeignet. Ausgehend von der jeweiligen Zielsetzung bzw. dem Umgang mit den Ergebnissen können einzelne Formate unterschiedliche Funktionen erfüllen. Wichtig ist, dass den Schülerinnen und Schülern transparent gemacht wird, welche Zielsetzung (Feststellung des Lernstandes oder Beurteilung der Leistung) mit dem jeweiligen Verfahren / der jeweiligen Aufgabenstellung verbunden ist.
(Ausführlicheres zur formativen Leistungsbeurteilung siehe: Landesinstitut für Schulentwicklung (2018): Aufgaben als Schlüssel zur kognitiven Aktivierung – Grundlagen und Beispiele (NL-40), hier insbesondere Kapitel 9.)

Und betrachtet werden müssen auch hier die Kompetenzen in den einzelnen Bereichen (sowohl auf der rezeptiven als auch auf der produktiven Ebene):

  • (Zu-)Hören
  • Sprechen
  • Lesen
  • Schreiben


sowie:

  • Wortschatz
  • Grammatik (Sprachbewusstsein)


und überfachliche Bereiche wie:

  • methodisches Lernen
  • soziales Lernen

Einbezogen in die Leistungsbeurteilung/-bewertung werden:

  • Mündliche Mitarbeit/Beiträge (qualitativ/quantitativ): z. B. Beiträge im Klassengespräch, Vortrag selbst erarbeiteter Beiträge, Kurzreferate
  • Präsentationen (mündlich/schriftlich)
  • Schriftliche Lernerfolgskontrollen: z. B. Klassenarbeiten, Tests, individuelle Lernaufgaben, Arbeitsmappen, Lerntagebuch, Portfolio
  • Arbeitsverhalten: z. B. Selbstständigkeit, Kooperation in Partner- oder Gruppenarbeiten, Erledigung von Aufgaben, Hausaufgaben, Beteiligung am / Mitgestalten des Unterricht(s)
  • Berücksichtigung der Schutzfaktoren (siehe Orientierungshilfen aus Deutsch im Kontext von Mehrsprachigkeit)

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WIE WIRD DER INDIVIDUELLE LERNWEG DOKUMENTIERT?

Lernen benötigt Zeit und stellt einen längeren Prozess dar. Dieser sollte gut dokumentiert werden. Möglichkeiten zur Dokumentation des individuellen Lernwegs sind:

  • Förderplan
  • Lerntagebuch
  • Portfolio
  • Schülerergebnisse (freie Texte, Tests, Klassenarbeiten ...), auch gesammelt im Portfolio
  • Selbst- und Fremdeinschätzung, kann auch Teil des Portfolios sein

Im Hinblick auf den Übergang können für die Dokumentation an dieser Stelle bereits die Kategorien des auf dem Internet-Fachportal Integration – Bildung – Migration zu findenden Übergangsbogens (siehe: Der Übergang – Übergangsmanagement) hinzugezogen werden.

Auch die im Orientierungsrahmen Deutsch im Kontext der Mehrsprachigkeit zu findenden Orientierungshilfen für den Übergang (siehe: Übergang) können hier bereits zum Einsatz kommen.

 

Info Übergreifendes Sprachförderkonzept bzw. Sprachbildungskonzept, mit festgelegten Ressourcen und Zeiten, um die Betreuung und den Unterricht sowie die dazugehörige Diagnostik zu planen, durchzuführen und zu reflektieren.


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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