Kloster - Landesgeschichtliche Einordnung, Klöster als europäisches Phänomen
Ausgangspunkt einer einheitlichen abendländischen Klosterkultur, an der Baden-Württemberg einen so beträchtlichen Anteil hat, war das Frankenreich. Ursprünglich stellten die Ordensregel Benedikts von Nursia und seine Gründung Montecassino (529) nur eine unter mehreren klösterlichen Lebensformen dar. Ihr Aufstieg begann, als Karl der Große im Rahmen seiner Kulturpolitik eine Abschrift der Benediktsregel aus Montecassino beschaffen ließ, um das Klosterwesen in seinem Reich zu vereinheitlichen. Im Reformkreis um Benedikt von Aniane bildete sich dann um 817 die Benediktsregel zur führenden und bald auch allein verbindlichen Ordensregel im Frankenreich heraus. Die auf Dauer angelegte Mönchsgemeinschaft brauchte - im Gegensatz zu Einsiedlern und Wandermönchen - auch eine bauliche Anlage, in der sich das Ordensleben ungestört von der Umwelt entfalten konnte. Eine Schlüsselstellung in der Entstehungsgeschichte der Klosteranlagen im Frankenreich kommt dem sogenannten St. Galler Klosterplan von 832 zu (1). Als ein perfektionistisches Denkmodell entworfen, wurde er zwar selbst nie in der vorliegenden Form realisiert, aber er enthielt alle wichtigen Grundstrukturen, aus denen sich ein Klostergrundriss heraus entwickelte. Dieser wurde immer wieder nachgebaut, so dass man europaweit von einem benediktinischen (2) und mit dem Auftreten des benediktinischen Reformordens der Zisterzienser auch von einem zisterziensischen Idealplan sprechen kann. Das fränkische Großreich wurde nach dem Selbstverständnis der Zeitgenossen mit Europa (=Abendland) gleichgesetzt. So verbreitete sich in diesem Raum und den angrenzenden Gebieten mit der Benediktsregel auch der einheitliche, an der Ordensregel und dem St. Galler Klosterplan ausgerichtete Klostergrundriss. Beide wurden und sind bis zum heutigen Tag ein europäisches Phänomen. Darum kann sich jeder, wenn ihm Inhalte und Methoden vertraut sind, überall in Europa als Einzelbesucher ebenso wie mit einer Lerngruppe nach diesem inhaltlichen und methodischen Denkmodell (=Transfer) Klöster der alten Orden (auch die Bettelorden übernahmen den benediktinischen Idealplan) erschließen. Damit erfüllt das Thema Kloster zugleich die Bedingungen des Exemplarischen, so dass am landes- bzw. regional- und auch lokalgeschichtlichen Beispiel Allgemeinhistorisches erarbeitet werden kann. |
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Bilder:
oben (1) Klosterplan von St. Gallen. Umzeichnung. © Universität Karlsruhe unten (2) Benediktinischer Idealplan (Kloster Hirsau). Aus: W. Irtenkauf, Hirsau, Sigmaringen 1987, S.33 |
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